Die Brandenburger Landesregierung einigte sich mit den Initiatoren des Volksbegehrens „Stoppt Massentierhaltung“ auf einen Kompromiss. Am 19. April (nach Redaktionsschluss) sollte er vom Landtag angenommen werden. Damit wurde der Volksentscheid, der für Anfang Juli vorgesehen war, abgewendet.
Die Brandenburger Initiativen gegen Megaställe haben dabei nicht nur ihre eigentliche Kernforderung nach einem Klagerecht für Umweltverbände beim Neubau von Megaställen aufgegeben. Sie könnten sich auch leichtfertig um einen Sieg gebracht haben. Denn sollte die Landesregierung den Kompromiss nicht umsetzen, stünden die Umweltgruppen vor dem Nichts und müssten im Zweifelsfall wieder ganz von vorn mit einer Volksinitiative starten. Axel Kruschat, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sagte nach Angaben der „Potsdamer Neueste(n) Nachrichten“: „Wenn es nicht klappt, stehen wir 2017 wieder auf der Straße.“ Michael Wimmer vom Bündnis Agrarwende erklärte dem Bericht zufolge, Rot-Rot genieße nun einen Vertrauensvorschuss. Kritiker meinten allerdings, es sei nicht unwahrscheinlich, dass Bauernlobby und Sozialdemokraten „in den Verhandlungen über die weitere Ausgestaltung auf die Bremse treten oder die Gespräche ins Leere laufen lassen“. Ob die Initiatoren des Volksbegehrens aber im Ernstfall wieder vergleichbar großen Zuspruch aus der Bevölkerung bekommen, bleibt abzuwarten: Mit den etwas mehr als 100 000 abgegebenen Stimmen war „Stoppt Massentierhaltung“ erst das zweite erfolgreiche Volksbegehren in Brandenburg überhaupt.
Geeinigt hatten sich Regierungskoalition und Tierschützer darauf, dass die Förderung für Megaställe zurückgefahren werden soll. Neben ein paar Forderungen zum Tier- und Umweltschutz, die inhaltlich noch bestimmt werden müssen, ist vor allem ein Dialogverfahren verabredet worden. Im Zuge dessen wollen die Gegner der Massentierhaltung vor allem Landwirte zu Zugeständnissen bewegen und in der Bevölkerung Überzeugungsarbeit leisten.
Wenngleich der geschlossene Kompromiss recht unspektakulär und lasch wirkt, sieht ihn das Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg laut einer Pressemitteilung „als substantiell für mehr Tierwohl und als Signal gegen überdimensionierte Anlagen industrieller Tierhaltung“. Die Erarbeitung eines Tierschutzplanes Brandenburg unterstreiche dabei die Überzeugung des Aktionsbündnisses, „dass der Berufsstand die Diskussion um eine zukunftsfähige Landwirtschaft nun mit der Zivilgesellschaft führen muss“.
Damit wird es allerdings schwierig. Der Bauernbund als Vertreter der Familienbetriebe lehnt die Einigung als „faulen Kompromiss“ ab. „Vereinbart sind ein Tierschutzplan, Vorschriften und Verbote, mit denen der Staat uns normalen Bauern künftig noch mehr in die Produktion reinreden kann“ monierte Bauernbund-Vorstand Reinhard Benke laut Presseberichten. Was er mit den Verboten meinte, sind unter anderem das Abschneiden der Schwänze von Schweinen und das Verstümmeln von Schnäbeln, was ab 2019 untersagt sein soll.
Der Landesbauernverband rief zu einer Demonstration vor dem Landtag in Potsdam auf. Der Kompromiss zeige, heißt es in einer Erklärung, „dass die Politik vor den erklärten Gegnern der Landwirtschaft eingeknickt ist“. Der Branche werde damit nachhaltig schwerer Schaden zugefügt. Der Vize-Präsident des Verbandes, Heiko Terno, hatte zuvor auf Facebook geschrieben, wie beim Schach hätte die Regierungskoalition die Bauern geopfert, „um die Lügner und Betrüger vom Volksbegehren“ ruhig zu stellen.