„Botschaft an Russland“

Uli Brockmeyer zum NATO-Manöver

Mit dieser Überschrift präsentierte die Deutsche Presseagentur (dpa) am 18. Oktober – mit einem Quentchen Stolz im Unterton – eine Korrespondenz aus Brüssel. Der Text befasst sich von der ersten bis zur letzten Zeile mit dem „größten Manöver der NATO seit dem Kalten Krieg“.

Man kann darüber streiten, ob der Kalte Krieg wirklich jemals ein Ende gefunden hat. Wenn man sich die Entwicklung der Konfrontation zwischen der NATO und Russland ansieht, kommt man eher zu einer negativen Antwort. Insofern ist bereits die Überschrift des dpa-Artikels irreführend.

Nun handelt es sich bei dem Manöver „Trident Juncture 2018“ vom 25. Oktober bis 23. November nicht etwa um eine einigermaßen „normale“ Übung der Einsatzfähigkeit und des Zusammenwirkens von Soldaten und Militärtechnik. Den wichtigsten Unterschied macht das Einsatzszenario. Laut dessen wurde ein NATO-Staat von einem Gegner angegriffen, und laut NATO-Regeln tritt nun der „Bündnisfall“ ein, das heißt, alle anderen NATO-Mitglieder sind vertraglich verpflichtet, dem Opfer des Angriffs Beistand zu leisten. Wer als „Opfer“ ausersehen wurde, bleibt hier offen, ganz klar ist jedoch, und daran lassen die NATO-Planer nicht den Hauch eines Zweifels, dass als „Angreifer“, als „Gegner“, nur Russland in Frage kommen kann.

Nicht zufällig wird das Manöver, das unter dem Vorwand einer angeblichen „Einverleibung der ukrainischen Halbinsel Krim und massiven Unterstützung prorussischer Separatisten“ stattfindet, ausgerechnet in der Nähe der Grenzen Russlands ablaufen, nämlich in Norwegen, Schweden und Finnland sowie im Lauftraum über der Ostsee. „Nach den Ereignissen in der Ukraine könne nicht mehr ausgeschlossen werden, dass Russland auch in einem NATO-Land für Unfrieden oder sogar Krieg sorgen könnte“, heißt es mehr als deutlich bei dpa. Und dann folgt noch der Hinweis auf das jüngste russische Großmanöver, allerdings unter Verschweigen der Tatsache, dass dieses Manöver im fernen Sibirien stattfand, weit weg von jeglichen Grenzen eines NATO-Staates.

Diese „Botschaft an Russland“ ist eine unverblümte Drohung. Und das von einem Militärbündnis, das erst jüngst beschlossen hat, auf den Besitz und die Weiterentwicklung von Atomwaffen zu bestehen und den UNO-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen kategorisch abzulehnen. Ein „Ende des Kalten Krieges“ sieht anders aus!

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"„Botschaft an Russland“", UZ vom 26. Oktober 2018



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol LKW.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit