Arbeitsplatzabbau in der Autoindustrie – IG Metall plant Großkundgebung

Boschler kampfbereit

Von Christa Hourani

Rund 5 000 Bosch-Kolleginnen und -Kollegen und Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter aus anderen Auto- bzw. Zulieferbetrieben protestierten am 13. März in Feuerbach vor den Toren bei Bosch gemeinsam für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Seit Monaten verhandeln Gesamtbetriebsrat und Unternehmensleitung des Geschäftsbereichs Powertrain Solutions ohne konkrete Ergebnisse über die Bewältigung der Transformation von Diesel- zu Elek­tro­autos. Der Betriebsratsvorsitzende von Bosch Feuerbach, Sell, sagte auf der Kundgebung, dass die Automanager wie ein „Hühnerhaufen“ wirkten – wo jeder den eigenen „Kopf aus der Schlinge“ ziehen wolle. Es sei wie beim Schwarze-Peter-Spiel. Die Beschäftigten fühlten sich im Stich gelassen und wollten sich mit der Kundgebung Gehör verschaffen.

Insgesamt 50000 Menschen sind weltweit bei Bosch im Geschäftsbereich Diesel beschäftigt, davon 15000 in Deutschland. Wenn der Umstieg auf Elektroautos kommt, dürften viele Stellen „überflüssig“ werden. Im Vergleich zu einem Verbrennungsmotor benötigt die Produktion eines Elektromotors weitaus weniger Arbeitsgänge. Bereits jetzt hat die „Dieselkrise“ bei Bosch zu Arbeitsplatzabbau geführt. 600 Stellen sind im vergangenen Jahr an den Dieselstandorten Homburg/Saar und Bamberg gestrichen worden – über Altersteilzeit und befristete Verträge, die nicht verlängert worden seien. Der Standort Feuerbach ist bis jetzt glimpflich davon gekommen. Aber wie lange noch, fragt man sich dort. 100 Arbeitsplätze, die durch Fluktuation wegfallen, sollen nicht ersetzt werden. Außerdem laufen Ende des Jahres Verträge von 200 Befristeten aus. Nach Schätzungen von Hartwig Geisel, Vorsitzender des Bosch-Gesamtbetriebsrates, dürften in diesem Jahr insgesamt an den drei Standorten weitere 500 Arbeitsplätze wegfallen.

Arbeitsplatzabbau im gesamten Automobilsektor

Von der Diesel- bzw. Autokrise ist nicht nur Bosch betroffen, auch andere in Stuttgart ansässige Betriebe wie Daimler oder Autozulieferer wie Mahle oder Coperion. Deshalb waren auch aus diesen Betrieben gewerkschaftliche Delegationen vor Ort und unterstützten die Bosch-Kolleginnen und –Kollegen und überbrachten Solidaritätsgrüße. „In gewisser Weise sind wir Leidensgenossen“, so Roland Schäfer, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender des Mercedes-Werks in Untertürkheim.

Bei vielen Autofirmen und Zulieferern zeigen sich die Krise des Automobils und der Strukturwandel sehr offen. Der Volkswagen-Konzern will bei seiner Kernmarke VW Pkw in den nächsten fünf Jahren 5 000 bis 7 000 Beschäftigte entlassen. Auch hier wird als Grund für den Stellenabbau die Umstellung auf Elektro angegeben. Klar ist aber auch, dass es um höhere Profite geht. Ab 2023 soll eine Gewinnverbesserung von 5,9 Milliarden Euro jährlich erzielt werden.

Der US-Autobauer Ford will 5 000 Arbeitsplätze in der BRD abbauen. Dadurch sollen mindestens 500 Millionen Dollar „eingespart“ werden. In anderen Ländern werden ganze Werke geschlossen, so das älteste Ford-Werk in São Bernardo do Campo in Brasilien mit knapp 2 800 Beschäftigten und das Ford-Werk in der südwestfranzösischen Kleinstadt Blanquefort.

Im Mercedes-Motorenwerk in Untertürkheim bangen Hunderte befristet Beschäftigte um ihre Jobs. Der Konzern plant mit Hinweis auf den Umbau Richtung E-Mobilität bis Ende Mai 2019 die Zahl der Befristeten deutlich zu reduzieren. Die Zielmarke beim Gewinn mit 10 Prozent bedeutet weitere Auspressung der Kolleginnen und Kollegen. Erreichen will Daimler dies mit Kosteneinsparungen von 4 Mrd. Euro bis Mitte des nächsten Jahrzehnts.

Gemeinsamer Kampf notwendig

Die IG Metall plant für den 29. Juni in Berlin eine große Kundgebung unter dem Motto: „Die Uhr tickt. Fairwandel – sozial, ökologisch, demokratisch. Nur mit uns.“ Im Aufruf heißt es unter anderem: „Wandel geht nur gerecht. Gegen Profitgier, Politikversagen und Spaltung. Für eine soziale Transformation: Sichere und tarifgebundene Zukunftsarbeitsplätze, Zurückdrängung prekärer Arbeit.“

Dies sind wichtige Ziele und eine Manifestation dazu mit den betroffenen Kolleginnen und Kollegen ist auch notwendig. Klar muss allerdings sein, dass eine einmalige Kundgebung nichts bewirken wird. Sie muss ein Auftakt für weitere Aktivitäten sein. Betriebliche wie auch branchenweite Kämpfe mit klarer Zielsetzung – gegen Spaltung und Standortlogik – werden notwendig sein. Gegen die Angriffe auf die Beschäftigten in der gesamten Branche hilft nur die Solidarität der Beschäftigten aller Automobil- und Zulieferbetriebe und ein gemeinsamer Kampf für Arbeitszeitverkürzung für alle bei vollem Lohn- und Personalausgleich, Mitbestimmung und Kontrolle darüber, was und wie produziert wird. Unterstützen könnte den Kampf der Automobilbeschäftigten eine gesamtgesellschaftliche Bewegung für eine soziale und ökologische Verkehrspolitik mit Alternativen zum Individualverkehr.

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"Boschler kampfbereit", UZ vom 22. März 2019



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