Die „Nationale Maritime Konferenz“, die in etwa alle zwei Jahre von der Bundesregierung veranstaltet wird, gilt in der Schifffahrtsbranche als wichtiges politisches Treffen. Entsprechend hochrangig gaben sich die Veranstalter bei der diesjährigen Ausgabe am 14. und 15. September: Bundeskanzler Olaf Scholz kam für eine Viertelstunde rein, redete trotz Probealarm unbeirrt seinen Stiefel runter und verschwand wieder, um etwas später auf einem Bauernhof Kühe zu streicheln – so kann man die Bedeutung eines Wirtschaftszweiges auch kommentieren. Wirtschaftsminister Robert Habeck musste anschließend die Vorführung eines neuen Schiffsantriebs über sich ergehen lassen, seine vermutlich vorhandene Begeisterung konnte er gut verbergen.
Die maritime Wirtschaft hat in Deutschland eine enorme Bedeutung. Allein an den Häfen und den mit ihnen verbundenen Industrien hängen über fünf Millionen Arbeitsplätze, und ohne die Schifffahrt könnten die globalen Lieferketten nicht funktionieren. Reedereien machen Milliardengewinne und kriegen von den Regierenden auch noch den Hintern mit Steuergeschenken gepudert – durch die Tonnagesteuer müssen sie nur einen geringen Steuersatz auf den Umfang ihrer Ladung abführen, die Gewinne bleiben praktisch steuerfrei. Bei den Sozialabgaben kriegen die Reeder den Arbeitgeberanteil umgehend zurücküberwiesen.
Offiziell dienen diese Steuergeschenke der Sicherung von Ausbildung und Beschäftigung. Tatsächlich jedoch gehen den Häfen und der Schifffahrt die Auszubildenden aus. Die Krise ist zu einem Großteil selbstverschuldet – vielen Menschen ist das Werftensterben ebenso noch in Erinnerung wie die Tatsache, dass unzählige Seeleute während der Pandemie auf ihren Schiffen gefangen waren und monatelang nicht mehr an Land gehen durften. Trotzdem spielte die Gewinnung von Nachwuchs auf der Nationalen Maritimen Konferenz nur am Rande eine kleine Rolle. Viel wichtiger waren „Verteidigung“ und „Sicherheit“, die Aufrüstung der Bundesmarine gegen die Feinde über und unter Wasser. Die anwesenden Konzernherren schrien nach Großaufträgen und waren unzufrieden, weil die Regierenden nicht gleich mit unterschriebenen Aufträgen wedelten. Aber Kapital und Kabinett demonstrierten Einigkeit: Der Kurs lautet Krieg, der Feind steht im Osten. Und wo Menschen fallen, steigen die Aktien.