Saudi-Arabien greift Haupthafen des Jemen an

Bomben auf Lebensader

Von Manfred Ziegler

Der Krieg Saudi-Arabiens gegen den Jemen – das ist die derzeit größte humanitäre Katastrophe der Welt. 22 Millionen Menschen benötigen Unterstützung, 8 Millionen sind permanent von Hunger bedroht und 50 000 starben im letzten Jahr an Cholera oder damit verbundenen Krankheiten. Millionen mussten fliehen, die Infrastruktur ist zerstört. Mit dem Angriff der Militärkoalition von Saudi-Arabien auf die Hafenstadt Hodeidah am Roten Meer verschlimmert sich die Situation noch.

600 000 Menschen leben in Hodeidah, doch wegen der Kämpfe und Luftangriffe sind die Straßen vielerorts leer, zehntausende sind geflohen. Auch Hilfsorganisationen müssen ihre Arbeit reduzieren oder einstellen.

Dabei ist der Hafen von Hodeidah lebenswichtig für Millionen Menschen, die das Embargo Saudi-Arabiens zu Lande, zu Wasser und in der Luft sonst von jeglichen Hilfslieferungen abschneidet. 80 Prozent der Importe erreichen bisher das Land über diesen Hafen, darunter der größte Teil der Hilfslieferungen.

Damit macht Saudi-Arabien Millionen Menschen zu Geiseln im Kampf gegen die Ansar Allah. Für den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, zugleich Kriegsminister, Architekt des Krieges gegen den Jemen und angeblicher Reformer, scheint das die angemessene Antwort auf die Unterstützung, die die Ansar Allah im Jemen genießt. Immer wieder protestieren Hunderttausende in der Hauptstadt Sanaa gegen die Angriffe der saudischen Koalition.

Der Krieg fördert offensichtlich den Waffenhandel. Die USA und europäische Länder sind die größten Waffenlieferanten für Saudi-Arabien, sie lieferten dem Land weit mehr als 90 Prozent aller importieren Waffen. Allein Großbritannien hat seit 2015 Waffen im Wert von ungefähr 6 Milliarden Dollar geliefert.

Dies geschieht im Namen von „Stabilität und wirtschaftlichem Fortschritt“. Unter diesem Motto hat schon 2016 das US-Außenministerium eine Waffenlieferung von mehr als 100 Panzern an Saudi-Arabien befürwortet. Damals war der Krieg in seinem zweiten Jahr.

Die USA haben es nicht bei Waffenlieferungen belassen. Im Dezember 2017 wurde bekannt, dass die USA auch Spezialeinheiten im Jemen einsetzen.

Im Namen von Stabilität und Fortschritt wurde von den USA und Großbritannien auch ein Aufruf zur Waffenruhe abgelehnt. Schweden wollte eine entsprechende Resolution im UN-Sicherheitsrat einbringen, doch die Einwände der USA und Großbritanniens ließen das gar nicht erst zu.

Damit wurde Saudi-Arabien bestätigt, das den Angriff auf Hodeidah begonnen hatte, bevor der Sondergesandte der UN für den Jemen, Martin Griffiths, Verhandlungen mit der Ansar Allah über einen Abzug führen konnte. Die Stadt und die Hilfslieferungen hätten nach seinen Vorstellungen von den UN übernommen werden sollen.

Vertreter von Katar – einem ehemaligen Verbündeten und jetzigen Gegner von Saudi-Arabien – erklärten nun zu Recht, Saudi-Arabien versuche mit seinem Vorgehen im Jemen mehr Länder in den Konflikt gegen den Iran zu ziehen. Die aggressive Politik des US-Präsidenten gegen den Iran bestärkt Saudi-Arabien in seinem Krieg gegen den Jemen. Ein Ende der humanitären Katastrophe ist vorerst nicht in Sicht.

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"Bomben auf Lebensader", UZ vom 22. Juni 2018



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