In Bolivien hat die Regierung von Präsident Luis Arce am Donnerstag vergangener Woche ein Gesetz gegen Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und die Finanzierung von Massenvernichtungswaffen vorläufig zurückgezogen. Man habe eine Konfrontation zwischen den Bolivianern verhindern und keinen Raum für Destabilisierung und Gewalt zulassen wollen, erklärte die Sprecherin des Staatschefs, María Nela Prada, am 14. Oktober bei einer Pressekonferenz in La Paz. „Als nationale Regierung unter der Führung unseres Bruders Präsidenten Luis Alberto Arce Catacora werden wir auch weiterhin beim Regieren auf das bolivianische Volk hören“, sagte sie.
Der Entscheidung vorausgegangen waren teilweise gewaltsame Proteste der rechtsgerichteten Opposition, die am 11. Oktober zu einem „Bürgerstreik“ aufgerufen hatte. Befolgt wurde der Streikaufruf Medienberichten zufolge vor allem in der Oppositionshochburg Santa Cruz. In anderen Städten wie La Paz und Cochabamba errichteten meist aus wenigen Personen bestehende Gruppen Barrikaden, um auf diese Weise das öffentliche Leben zu behindern, während es in anderen Teilen des Landes praktisch keine Beeinträchtigungen gab. Der Regierung nahestehende Lokalsender verbreiteten Aufnahmen, die ganz normalen Alltag zeigten. Als „vollkommenen Fehlschlag“ bewertete auch der für die öffentliche Infrastruktur zuständige Minister Edgar Montaño den Ausstand anschließend. Sein einziges Ergebnis sei eine Schädigung der Wirtschaft in Santa Cruz gewesen.
Die Aktionen der Rechten weckten in dem südamerikanischen Land jedoch böse Erinnerungen an den Putsch von 2019, als Präsident Evo Morales gestürzt worden war und eine klerikalfaschistische Junta um Jeanine Áñez für mehrere Monate die Macht übernahm. Auch dieser Staatsstreich war durch gewaltsame Proteste der Opposition eingeleitet worden – damals hatten die Rechten der Regierung Wahlbetrug vorgeworfen. Diesmal habe die Opposition in der Bevölkerung unbegründete Ängste vor dem geplanten Gesetz geschürt, so Nela Prada. Tatsächlich jedoch habe man mit der Vorlage Forderungen der Financial Action Task Force (FATF), einer internationalen Organisation zur Bekämpfung von Geldwäsche, erfüllen wollen. Der Opposition gehe es aber darum, eine Bestrafung der unter dem Putschregime begangenen Verbrechen zu verhindern. Das werde jedoch nicht gelingen, die Regierung habe das „feste Ziel“, die Forderung des Volkes nach Aufarbeitung der Geschehnisse und Gerechtigkeit für die Opfer zu erfüllen.
Staatschef Arce selbst war am Tag nach dem „Bürgerstreik“ selbst nach Santa Cruz gekommen und hatte sich an die Spitze einer Kundgebung zu Ehren der „Wiphala“ gestellt. Die neben der rot-gelb-grünen Trikolore zur Staatsflagge erklärte Fahne wird vor allem von den indigenen Völkern genutzt. Am 24. September hatten Oppositionelle am Rande offizieller Feierlichkeiten aus Anlass des 211. Jahrestages der Befreiung Santa Cruz‘ von der spanischen Kolonialherrschaft die gehisste Wiphala heruntergeholt und geschändet. Am 12. Oktober – dem Jahrestag der Landung von Kolumbus in Amerika – wehten in der Stadt und vielen anderen Ortschaften der Region nun tausende Wiphalas. „Sie können die Blumen abschneiden, aber sie können den bolivianischen Frühling nicht aufhalten“, rief Arce den Versammelten zu und nutzte dabei ein Zitat des chilenischen Dichters Pablo Neruda.
In einem am vergangenen Wochenende verbreiteten Statement warf Arce der Opposition zudem vor, die wirtschaftliche Erholung des Landes zu sabotieren und so Bolivien destabilisieren zu wollen. Das werde aber nicht gelingen: „Die wirtschaftliche Reaktivierung hält niemand auf, wir werden weiter das Bolivien aufbauen, das wir alle brauchen!“
Offiziellen Zahlen zufolge ist die Arbeitslosigkeit in den vergangenen Monaten spürbar zurückgegangen. Die Wirtschaft wuchs um 9,36 Prozent. Der Handelsbilanzüberschuss stieg von 341 Millionen US-Dollar Ende 2020 auf mehr als 1,8 Milliarden am Ende des ersten Halbjahrs 2021. Die kubanische Nachrichtenagentur „Prensa Latina“ erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die Putschisten in den elf Monaten ihrer Herrschaft mehr als 1,9 Milliarden Euro neue Schulden gemacht hatten.