Der Ausdruck „biodeutsch“ wurde von der Jury der sprachkritischen „Unwort“-Aktion zum „Unwort des Jahres“ 2024 erklärt. Er diene zunehmend dazu, Menschen anhand angeblicher Abstammungskriterien einzuordnen und zu diskriminieren, so die Begründung. Auf Platz 2 kam „Heizungsverbot“ als irreführend. Ich selbst hatte das Wort „kriegstüchtig“ eingereicht.
Sprache ist weit mehr als ein Kommunikationsmittel – sie prägt unser Denken, Handeln und gesellschaftlichen Diskurs. Sie spiegelt unsere Werte und Normen, transportiert Emotionen und Bedeutung, formt Meinungen, beeinflusst Einstellungen und kann manipulieren. Worte tragen Verantwortung, denn sie können diskriminieren, irreführen und die Menschenwürde verletzen.
Die Aktion „Unwort des Jahres“, ins Leben gerufen 1991 als Ergänzung zum seit 1971 bestehenden „Wort des Jahres“, hat das Ziel, sprachliche Missstände offenzulegen und einen kritischeren Umgang mit Sprache anzustoßen.
Organisiert wird die Wahl von einer unabhängigen Jury aus Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern und einer Journalistin. Bürgerinnen und Bürger sind jedes Jahr aufgerufen, Begriffe einzureichen, die durch Menschenverachtung, Diskriminierung oder beschönigenden Euphemismus auffallen. Entscheidend ist, dass diese Begriffe öffentlich verwendet und in ihrem Kontext dokumentiert werden.
2024 wurden am Institut für Germanistische Sprachwissenschaft der Philipps-Universität Marburg rund 3.200 Einsendungen mit 655 unterschiedlichen Begriffen registriert. Die Universität, die die Aktion seit Beginn unterstützt, hebt die anhaltende Notwendigkeit der Sprachkritik hervor. In einer Mitteilung wurde betont, dass menschenunwürdige und diskriminierende Sprachweisen weiterhin präsent seien. Begriffe wie „Menschenmaterial“, „illegale Migration“ oder „kriegstüchtig“ verdeutlichen sprachliche Tendenzen, die zu hinterfragen sind. Interessant ist, dass die Entscheidung jedoch unabhängig von der Zahl der Einsendungen für den Begriff von der Jury vorgenommen wird.
Im Vorjahr wurde der Begriff „Remigration“ zum Unwort des Jahres gewählt. Dieser Begriff, häufig von rechtsextremen Kreisen verwendet, verharmlost Forderungen nach Zwangsausweisungen und Deportationen. Weitere Platzierungen belegten „Sozialklimbim“ und „Heizungs-Stasi“. Diese Beispiele zeigen, wie Sprache eingesetzt wird, um politische Botschaften zu verschleiern oder zu schärfen. Die Jury unterstrich, dass die Wahl nicht nur das Aufzeigen manipulierender Begriffe ist, sondern ein Aufruf zu reflektiertem und verantwortungsvollem Sprachgebrauch.
Unwort-Vorschläge können jederzeit bis zum Jahresende schriftlich und mit Quellenangabe eingereicht werden (vorschlaege@unwortdesjahres.net). Allein die Jury entscheidet dann bis Mitte Januar über das Unwort des Vorjahres. Bei der relativ geringen Beteiligung an der Wahl des Unworts können Linke durch ihre Mitwirkung gemeinsam eine Sprache fördern, die Menschenwürde respektiert und der Gehirnwäsche entgegenwirkt – auch wenn es nur die Jury erreicht.