Russland setzt in Syrien auf diplomatische Lösungen

Bodenoffensive abwenden

Es waren schwere Luftangriffe auf Ziele im Norden Syriens und des Irak, die die türkische Luftwaffe am 20. November durchführte. In Norden Syriens wurde zivile Infrastruktur zerstört und 36 Soldaten der kurdischen Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) und der syrischen Armee getötet. Vom 20. bis zum 23. November wurden weitere Ziele angegriffen, darunter die Öl- und Gasinfrastruktur in der Provinz Hasaka. Fast zeitgleich fanden in Astana die 19. Verhandlungen zwischen dem Iran, Russland und der Türkei über die Situation in Syrien statt.

Der Kommandeur der SDF, Mazloum Abdi, kritisierte die schwache Reaktion Russlands und der USA auf die Dutzenden türkischen Luftangriffe. Tatsächlich beschränkte sich die internationale Reaktion auf die Bitte, das türkische Militär solle Zurückhaltung gegenüber Zivilisten üben. Das Pentagon hielt die Angriffe für „nicht nützlich“ und beschwerte sich darüber, dass auch US-Soldaten, die in den betroffenen Gebieten stationiert sind, in Gefahr geraten wären.
Auch bei den Verhandlungen in Astana wurden die türkischen Angriffe und insbesondere eine mögliche weitere türkische Bodenoffensive diskutiert. Russland und die Türkei halten die Umsetzung getroffener Vereinbarungen durch die jeweils andere Seite für unzureichend. Im Ergebnis erklärte der russische Sondergesandte für Syrien, Alexander Lawrentjew, die Türkei habe keine Versicherung abgegeben, eine Bodenoffensive abzusagen. Ein Verzicht der Türkei darauf sei aber immer noch möglich, je nachdem, wie sich die Situation vor Ort entwickle.

Für die russische Regierung hat eine Annäherung zwischen der syrischen und der türkischen Regierung höchste Priorität – die Befriedung des Landes hänge davon ab. Seit Monaten geistern Meldungen durch die Medien, es könne zu einem direkten Treffen zwischen Baschar Hafiz al-Assad und Recep Tayyip Erdog˘an in Russland kommen. Erdog˘an selbst wendet sich nicht gegen ein solches Treffen und die russische Regierung versucht, es möglich zu machen. Doch die türkische Regierung meint, so Lawrentjew, die Zeit dafür sei noch nicht reif. Immerhin gebe es Anzeichen für vermehrte Kontakte zwischen beiden Seiten.

Luftangriffe, eine immer noch drohende Bodenoffensive und Verhandlungen in Astana – also nichts Neues in Syrien? Tatsächlich schlug die russische Verhandlungsdelegation in Astana offiziell vor, China als Beobachter zu den Verhandlungen einzuladen.

Lawrentjew erklärte, Pekings Teilnahme als Beobachter bei den Astana-Verhandlungen würde einen wertvollen Beitrag leisten. Der Vorschlag würde zwischen dem Iran, Russland und der Türkei ernsthaft diskutiert, wobei der Iran zustimmt und die Türkei noch Diskussionsbedarf sieht.

Die chinesische Regierung ist durchaus zu einem stärkeren Engagement in Syrien bereit. „China hält das Astana-Format für wichtig und ist bereit, mit allen Beteiligten zusammenzuarbeiten, um Syrien zu helfen, Frieden und Stabilität zu erreichen“, so ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums.

Die chinesische Teilnahme am Astana-Prozess wäre eine konsequente Fortsetzung der Aufnahme Syriens in die „Neue Seidenstraße“, die im Januar dieses Jahres initiiert wurde.

Inzwischen versucht Russland, die SDF zu einem Rückzug von der Grenze zu bewegen. Der Kommandeur der russischen Truppen in Syrien traf sich – zum zweiten Mal nach einem Treffen 2020 – mit Mazloum Abdi und wiederholte den russischen Vorschlag, die syrische Armee entlang der Grenze zu stationieren. Damit solle einer erneuten türkischen Bodenoffensive der Vorwand genommen werden.

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"Bodenoffensive abwenden", UZ vom 2. Dezember 2022



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