Hochrüstung bleibt in jedem Fall deutsches Regierungsprogramm

Bloß keinen Frieden

Bereits am Tag nach dem Telefongespräch am 12. Februar zwischen Donald Trump und Wladimir Putin trat Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin vor die Presse und stellte einen Hochrüstungsplan für die Bundesrepublik vor. Es dürfte das Programm der kommenden Bundesregierungen sein. Scholz verwies auf seine „Zeitenwende“-Rede vom 27. Februar 2022 im Bundestag und erklärte: „Heute stehen wir erneut an solch einem Punkt.“ Das damals beschlossene Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr könne aber „nur ein erster Schritt sein“. Allein um das 2-Prozent-Ziel der NATO zu halten, seien ab 2028 zusätzlich 30 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt nötig. Jedes weitere Prozent, das fürs Militär ausgegeben werde, entspreche „nach jetzigem Stand noch einmal 43 Milliarden Euro mehr“. Bis Ende des Jahrzehnts gehe es um dreistellige Milliardenbeträge. Das Geld soll durch eine Reform der Schuldenbremse, durch Erklärung einer „Notlage“ gemäß Artikel 115, Absatz 2 des Grundgesetzes und durch Lockerung der EU-Verschuldungsregeln hereinkommen. Am Sonnabend wiederholte er seine „Vorschläge“ auf der „Münchner Sicherheitskonferenz“ (Siko).

In der EU stieß er auf Wohlwollen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte auf der Siko die Nutzung einer „Sonderregel“ im Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) an, um „Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen.“ Am Dienstag traf sie sich in Brüssel mit Trumps Sonderbeauftragten für die Ukraine und Russland, Keith Kellogg, und versicherte ihm, die EU trage ihren „vollen Anteil an den Militärhilfen für die Ukraine und ist bereit, noch mehr zu tun“.

Die von Trump und seinen Leuten kalt erwischten EU-Transatlantiker – „FAZ“: Der Bundeskanzler glich „in München einem Huhn, das, längst geköpft, noch ein paar Meter läuft“ – hoffen offensichtlich darauf, durch rasante Hochrüstung in Washington und Moskau doch noch als Faktor von Gewicht wahrgenommen zu werden.

Ein Treffen von acht europäischen Staats- und Regierungschefs am Montag in Paris zeigte allerdings auch die tiefen Risse in der EU. Man einigte sich zwar auf „starke und glaubwürdige“ (Emmanuel Macron) Sicherheitsgarantien für Kiew, geriet aber bei der Diskussion über die Stationierung einer „Friedenstruppe“ in der Ukraine aneinander. Scholz erklärte entsprechende Vorstöße aus Paris und London für verfrüht und „unangemessen“. Vorab hatte Ungarns Außenminister Peter Szijjarto bei einem Besuch in Kasachstan geätzt: „Heute versammeln sich also in Paris Kriegsbefürworter, Trump-feindliche und frustrierte europäische Politiker, um ein Friedensabkommen mit der Ukraine zu verhindern.“

An die Spitze der deutschen Hochrüstungsfans stellten sich die Grünen. Die „Berliner Zeitung“ berichtete am Montag online, Annalena Baer­bock habe sich „verplappert“ und EU-Rüstungspläne, die erst nach der deutschen Wahl am 23. Februar veröffentlicht werden sollten, aufgedeckt. Die deutsche Außenministerin habe in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur „Bloomberg“ auf der Siko durchblicken lassen, „dass es um etwa 700 Milliarden Euro gehen könnte“. Am Dienstag zeigte sich der Grüne Anton Hofreiter vom Pariser Treffen enttäuscht und sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, es brauche „einen 500 Milliarden schweren Verteidigungsfonds“ in der EU. In CDU/CSU, FDP und SPD gibt es dagegen keine Einwände. Unabhängig vom Wahlausgang gilt demnach: Die Aufrüstung ist sicher.

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"Bloß keinen Frieden", UZ vom 21. Februar 2025



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