Waffenlieferungen und Wirtschaftskrieg ohne Ende, das ist „wertebasierte feministische Außenpolitik“ in der Realität. Mit der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machen sich zwei Frauen mit am lautesten stark für die Lieferung deutscher Kampfpanzer in die Ukraine. „Unsere Panzer helfen, Menschenleben zu retten“, erklärte die Grünen-Frontfrau in bester George-Orwell-Diktion vergangene Woche in Berlin. Mit den Worten „Wir stehen so lange an ihrer Seite wie erforderlich“ sicherte derweil die frühere CDU-Verteidigungsministerin und jetzige EU-Chefin der ukrainischen Führung praktisch endlose Waffenhilfe und unbegrenzte Wiederaufbauhilfe zu.
Präsident Wladimir Selenski persönlich hat die Kommissionspräsidentin dafür bei ihrem neuerlichen Kiew-Besuch mit dem Orden des Fürsten Jaroslaw des Weisen Erster Klasse ausgezeichnet. Der frühere TV-Komiker und Präsidentendarsteller widmete von der Leyen zudem eine Bodenplatte auf der „Allee des Mutes“ vor dem Parlamentsgebäude. Diese erhalten ausländische Politiker, die nach Kriegsbeginn in die ukrainische Hauptstadt gereist sind. Auch Baerbock liegt mithin dort.
„Das ist eine große Ehre“, freute sich von der Leyen via Twitter über das Kiewer Kriegslametta und den „Warwalk of Fame“. Auch sonst war von der Leyen geradezu kriegseuphorisch ob der jüngsten militärischen Erfolge der Ukraine. Der Fortschritt müsse zwar noch gefestigt werden, „aber es ist dennoch beeindruckend, die Tapferkeit der ukrainischen Streitkräfte zu sehen“. Der Erfolg habe die Stimmung gehoben – nicht nur im ukrainischen Volk, sondern auch bei seinen Freunden. Es sei jetzt notwendig, das Land mit der militärischen Ausrüstung zu unterstützen, die es brauche, um sich zu verteidigen.
Während als Folge irrsinniger Wirtschaftssanktionen hierzulande die Preise für Energie und Lebensmittel durch die Decke gehen, Strom- wie Gasmangel im Winter drohen samt dazugehöriger massenhafter Firmenpleiten, versucht von der Leyen die Bevölkerungen in den EU-Mitgliedsländern vollends auf Kriegskurs zu bringen. „Wir werden auf die Probe gestellt. Und zwar von denen, die jede Art von Spaltung zwischen uns ausnutzen wollen“, so die Kommissionspräsidentin. „Dies ist nicht nur ein Krieg Russlands gegen die Ukraine. Dies ist ein Krieg gegen unsere Energieversorgung, ein Krieg gegen unsere Wirtschaft, ein Krieg gegen unsere Werte und ein Krieg gegen unsere Zukunft. Hier kämpft Autokratie gegen Demokratie.“ Sie sei fest davon überzeugt, „dass wir Putin mit Mut und Solidarität zum Scheitern bringen werden und Europa am Ende die Oberhand gewinnt. (…) Heute hat der Mut einen Namen und das ist die Ukraine.“ Zu der eigens ins Straßburger Parlament geholten First Lady der Ukraine, Olena Selenska, sagte von der Leyen schließlich: „Wir verneigen uns vor einem Land europäischer Helden.“ Der alte Faschistengruß „Slava Ukraini!“ durfte nicht fehlen, wie auch die Versicherung: „Die Solidarität Europas mit der Ukraine ist unerschütterlich.“
Es müsse klar sein: Wenn die Ukrainer sagten, sie brauchen Kampfpanzer, „dann sollten wir das ernst nehmen und sollten ihnen das liefern“, kommandierte von der Leyen über das Boulevardblatt „Bild“ an die Ampel in Berlin. „Die Ukrainer beweisen ja, dass sie, wenn sie die richtigen militärischen Mittel haben, sich verteidigen können.“ In diesem Kampf gehe es darum, „dass die Demokratie siegt und die Autokratie verliert“. Und deshalb sei es so wichtig, dass die Ukrainer alle militärischen Mittel bekommen, von denen sie sagen: „Wir brauchen sie jetzt.“
Damit wurde verdeutlicht, dass es keinerlei Interesse an einem raschen Waffenstillstand mit einem Ende des Tötens und der Zerstörungen in der Ukraine gibt. Von der Leyen setzt wie der gesamte „Wertewesten“ auf Sieg im Krieg, notfalls bis zum letzten Ukrainer – bis heute wird verschwiegen, wie viele ukrainische Soldaten die jüngsten Rückeroberungen mit ihrem Leben oder ihrer Gesundheit bezahlt haben und wie viele russische getötet wurden.
Klar ist: Der Wirtschaftskrieg gegen Russland soll fortgeführt werden. Sie wolle „keinen Zweifel daran lassen, dass die Sanktionen von Dauer sein werden“, stellte von der Leyen klar, die für ihre Rede zur Lage der Union in den Landesfarben des EU-Beitrittskandidaten und NATO-Waffenempfängers blau und gelb gekleidet war. „Das ist die Zeit für Entschlossenheit, nicht für Beschwichtigungen.“
Die „Neue Zürcher Zeitung“ war hier voll des Lobes. Von der Leyen habe gegenüber der Ukraine „grundsätzlich den richtigen Ton getroffen. Denn es ist richtig, dem kriegsgebeutelten Land mit Solidaritätsadressen, Finanz- und Militärhilfen beizustehen, ja Kiew vielleicht sogar schöne Hoffnungen – so realitätsfern sie im Moment auch sein mögen – auf einen ‚nahtlosen Zugang zum Binnenmarkt‘ zu machen. Es wäre aber mindestens genauso wichtig gewesen, den Menschen in der EU zu erklären, warum und wie dieser russisch-europäische Wirtschaftskrieg ausgestanden werden muss.“
Der „Standard“ in Österreich dreht am ganz großen Kriegsrad: „So lag durchaus ein Hauch von Winston Churchill in der Luft, der den Briten im Zweiten Weltkrieg in einer Rede an die Nation ‚Blut, Schweiß und Tränen‘ abverlangte, als es galt, den Angriff von Hitler-Deutschland abzuwehren, Krieg gegen die Diktatur zu führen.“ In der Logik sind dann selbstredend alle, die Diplomatie für ein Ende des Krieges wie auch der selbstzerstörerischen Sanktionen anmahnen und die feministische Mobilmachung nicht mitmachen, nicht mehr nur ferngesteuerte Kreml-Trolle, sondern gleich Faschistenfreunde.