Anlässlich der Vorstellung des Buches „Furchtlose Juristen – Richter und Staatsanwälte gegen das NS-Unrecht“ hat sich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) für eine Reform der Juristenausbildung ausgesprochen. „Als ich studierte, ging es im Fach Rechtsgeschichte oft mehr um Römisches Recht als um das 20. Jahrhundert. Alle angehenden Juristinnen und Juristen sollten aber um das Unrecht wissen, an dem die deutsche Justiz einst beteiligt gewesen ist. Und sie sollten auch um die wenigen Juristen wissen, die sich dem Unrecht damals entgegengestellt haben“, sagte er. Aus diesem Grund arbeite das von ihm geführte Ministerium derzeit an einem Vorschlag, das Deutsche Richtergesetz zu ergänzen. So sollten das Justizunrecht im Nationalsozialismus und die Folgerungen daraus für das Juristenethos von heute „ein fester Bestandteil der Juristenausbildung werden“, forderte er.
Eine unabhängige wissenschaftliche Kommission hatte im letzten Jahr einen Bericht zur NS-Vergangenheit des Justizministeriums vorgelegt und dabei auch die personelle Kontinuität und ihre Folgen untersucht. Dabei kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass von den 170 Juristen, die von 1949 bis 1973 in Leitungspositionen des Ministeriums tätig waren, 90 der NSDAP und 34 der SA angehörten. Die Wissenschaftler verwiesen in ihrem Bericht unter anderem auch auf einige „spektakuläre Fälle“. So beispielsweise auf die Personalie Franz Maßfeller, der vor 1945 im Reichsjustizministerium für „Familien- und Rasserecht“ zuständig war und nach der Befreiung vom Faschismus bis 1960 als Ministerialrat im Bundesjustizministerium und dort als Referatsleiter Familienrecht arbeitete. Seit dem letzten Monat tourt das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit der eigens gefertigten Ausstellung „Die Rosenburg – Das Bundesjustizministerium im Schatten der NS-Vergangenheit“ durch verschiedene Städte, um der Bevölkerung Einblicke in die NS-Vergangenheit der Behörde zu gewähren.
Maas erinnert hingegen in dem von ihm herausgegebenen Buch an insgesamt 17 Richter und Staatsanwälte, die in der NS-Zeit in unterschiedlicher Form widerständiges Verhalten gezeigt haben. So etwa an Lothar Kreyßig (1898–1986), der als Vormundschaftsrichter in Brandenburg an der Havel gegen die „Euthanasie“-Morde an Behinderten protestierte und in den Ruhestand versetzt wurde. „Viele Juristen haben nach 1945 behauptet, sie hätten sich gar nicht anders verhalten können. Indem wir an die wenigen widerständigen Juristen erinnern, zeigen wir: Man musste damals nicht ‚mitmachen‘; es gab Handlungsalternativen, aber viel zu wenige hatten den Mut, sie zu nutzen“, kritisierte Maas bei der Buchvorstellung. „Hätte es mehr furchtlose Juristen gegeben, die deutsche Justiz hätte weniger Schuld auf sich geladen“, sagte er außerdem.
Dass die Aussagen des Ministers Folgen auf die Arbeit der Referenten im Justizministerium heutzutage haben, bleibt indes unwahrscheinlich. Auch aktuell wird schließlich jeder Angriff auf die letzten verbliebenen Grund-und Freiheitsrechte und den Datenschutz von den Ministerialen erarbeitet und mitgetragen und eben nicht infrage gestellt.