Die Ampel gibt grünes Licht für die Konfrontation mit China und Russland

Blaupause für Krieg

Der Abschnitt „Außen, Sicherheit, Verteidigung“ des Koalitionsvertrags birgt die Blaupause für die aggressive Außenpolitik der kommenden vier Jahre. Dort, wo es um das NATO-Glaubensbekenntnis, die transatlantische Bindung, die Frontstellung zu China und Russland, Auslandseinsätze und die nukleare Teilhabe geht, kann nur ein versierter Sprachforscher merkbare Unterschiede zum Koalitionsvertrag der Großen Koalition von 2018 entdecken. Zentrale Floskeln wurden redaktionell nur leicht verändert. Wo es 2018 hieß „Die NATO bleibt unverzichtbarer Garant und ist Fundament unserer Sicherheit“ (S. 147), liest man aktuell: „Das transatlantische Bündnis ist zentraler Pfeiler und die NATO unverzichtbarer Teil unserer Sicherheit“ (S. 143).

Gleiches gilt für die hehren Ziele vermeintlich neuer Abrüstungsiniativen und vorgeblich intensivierter Rüstungskontrollen. Verräterisch ist das Koalitionspapier dort, wo es konkret wird: Mit dem Satz „Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind“ soll der Eindruck erweckt werden, insbesondere das kriegsbeteiligte Saudi-Arabien erhalte keine Rüstungsgüter mehr. Das stand genauso schon im Koalitionsvertrag 2018. Trotzdem liefen und laufen die Exporte weiter, mit dem feinen Unterschied, dass die EU-Ausfuhr seit 2019 via Frankreich erfolgt. Kein Grund also zur Sorge bei den deutschen Waffenschmieden, die ihre Gesamtausfuhr in den vergangenen fünf Jahren um 21 Prozent steigern konnten.

Das bisherige 2-Prozent-Ziel des deutschen NATO-Beitrags versteckt sich im neuen 3-Prozent-Ziel des Koalitionsvertrags: Dieser Anteil am Bruttoinlandsprodukt soll für „internationales Handeln“, „Diplomatie“, und „NATO-Verpflichtungen“ bereitgestellt werden. Abrüstung der Bundeswehr? Im Gegenteil: Diese soll „bestmöglich personell, materiell sowie finanziell verlässlich ausgestattet“ werden. Kernwaffenfreies Deutschland? Mitnichten: Solange Kernwaffen zum Kern der NATO-Strategie gehören, soll Deutschland bei „strategischen Diskussionen und Planungsprozessen teilhaben“ (sprich: mitbestimmen), ja mehr noch: Die Beschaffung der neuen Atomwaffenträgersysteme (gemeint sind die 30 Bomber vom Typ Boeing F-18-Hornet, die in Deutschland gelagerte NATO-Kernwaffen ins Ziel tragen sollen) ist nun beschlossene Sache.

Grünes Licht gibt die Ampel auch für die Anschaffung bewaffneter Drohnen. Das humanitäre Feigenblatt wird im Nebensatz nachgereicht: „extralegale Tötungen“ lehne man entschieden ab. Dass sich das nicht machen lässt, kann man unschwer den Einsatzberichten der US-Drohnengeschwader entnehmen.

Auf Seite 157 schließlich erteilen die Ampel-Schulmeister der Volksrepublik China „wertebasierte“ Ratschläge, wie diese mit Taiwan, Hongkong und Xinjiang umzugehen habe. Gernegroß verlangen die Ampel-Koalitionäre für eine Weltregion, die 8.000 Kilometer weit entfernt von Berlin liegt, sich an „Spielregeln“ zu halten. Die Formulierung dürfte auf den grünen „China-Spezialisten“ in der Arbeitsgruppe Außenpolitik, Reinhard Bütikofer, zurückgehen, der vor kurzem in einem Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“ in schrille Rhetorik verfiel: Ohne den Westen hätte Taiwan „nur noch eine Zukunft, nämlich unter Pekings Stiefel getreten zu werden“.

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"Blaupause für Krieg", UZ vom 3. Dezember 2021



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