Nach mehr als 30 Jahren mussten wir unseren Uli in Rente schicken – schweren Herzens

Bitte keine Legendenbildung

Wera Richter für die UZ-Redaktion

„Ich hab nie Grafiker gelernt. Aber einer musste es ja machen. Da hab ich’s mir halt beigebracht.“ (Uli)

Als ich mit gefühlt 17 ein Praktikum bei der UZ machte – damals erschien sie 14-tägig –, hockte im hinteren Winkel im Keller der Hoffnungstraße 18 in Essen ein langhaariger Rocker und rauchte Kette – Gauloises ohne Filter, manchmal auch Karo. Der Nebel war so dicht, dass man ihn nicht sehen, wohl aber hören konnte. Ein tiefer Husten grollte durch die Räume. Der Mann kam mir damals schon unendlich alt, die Szenerie unglaublich kurios vor. Wo war ich gelandet? Im Reich von Uli Danz aus Wuppertal, einem unserer UZ-Layouter, den wir nun schweren Herzens in Rente schicken mussten.

Uli ist schon lange nicht mehr in der DKP, aber disziplinierter als manches Mitglied. Der UZ als Tageszeitung hatte er schon vor 1990 über manche Klippe geholfen. Und es ist keine Flunkerei, dass er viele Jahre nach Produktionsschluss der UZ regelmäßig ins Auto stieg und die Daten – auf was für einem Träger auch immer – zur Druckerei nach Luxemburg fuhr.

5115 Uli Screenshot 20231215 155716 Facebook - Bitte keine Legendenbildung - Ehrung, Layouter, Legende, UZ - Aktion
(Foto: privat)

Jahre später, bei meinem zweiten, dann längeren Aufenthalt in der UZ-Redaktion, war der Kerl immer noch da. Die UZ war wieder Wochenzeitung und Uli begrüßte mich mit einem fröhlichen „Unkraut vergeht nicht“. Er war in den ersten Stock in die Räume der Redaktion aufgestiegen und es gab kaum einen Tag, an dem wir nicht von Ulis Ausruf „Das passt nicht!“ beglückt wurden. In der Regel waren die Seiten zu klein für die Textflut und Bilder sollten ja auch noch drauf. Irgendwann hatte ich raus, dass eine Tasse Kaffee an Ulis Platz Wunder wirkt: Was nicht passt, wird passend gemacht.

Es ist schon klar, 2020 bei meinem dritten Anlauf, in der UZ zu landen, saß Uli vor dem Bildschirm und hat Seiten weggearbeitet, „Meter gemacht“, wie Kollege Rehnagel sagt. Uli hat als Layouter in Essen fünf Chefredakteure geschafft und eine Menge Kolleginnen und Kollegen kommen und gehen sehen. Und bei alledem hat er ein erstaunliches Doppelleben geführt, unter anderem als Herausgeber der Zeitschrift „Du und dein Trabant“. Wie viele Trabis, Roburs und Schwalben er hatte und hat, ist nicht gezählt. Über Ersatzteile und Zubehör wollen wir gar nicht nachdenken. Gesichert sind die Abenteuerreisen durch Nordafrika und Südamerika und seine Solidaritätsarbeit mit Nicaragua. Über mehrere Wochen soll Ernesto Cardenal sein Gastgeber gewesen sein. Ein Geständnis in Nina Hagens Biographie, dass sie schwer verliebt in den „Marx aus Wuppertal“ war, wundert uns überhaupt nicht.

Wir wollen keine Legendenbildung, aber was sollen wir sonst zu unserem Uli sagen? Krasser Typ? Auf jeden Fall. Aber vor allem, lieber Uli, müssen wir mal sagen, dass du uns sehr fehlen wirst, weil es eben doch voll gepasst hat, mit dir zu arbeiten! Danke dafür und komm uns besuchen – mit der Bahn!

Kollege! Nina Hagen war in dich verknallt? DIE Nina Hagen? In die war ich doch Ende der 80er … Ein verrücktes Leben! Ich ziehe den Hut noch tiefer als ich ihn eh schon ziehe. Du hast immer durchgezogen, Tag, Nacht, Sturm oder Flut, egal. Jetzt rauch mal ’ne Kippe weniger, lehn dich zurück, und wenn du zu Besuch kommst, die Sache mit Nina will ich genauer wissen … Karl Rehnagel

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"Bitte keine Legendenbildung", UZ vom 22. Dezember 2023



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