Haushaltsausschuss genehmigt 4,5 Milliarden für deutsch-französischen Kampfjäger in aller Eile

Bewilligung im Blindflug

Nach monatelangem teils ruppigem Gerangel gab der Haushaltsausschuss am 23. Juni die Gelder für die nächste Projektphase des „Future Combat Air System“ (FCAS) frei. Dabei handelt es sich um ein von Frankreich und Deutschland (mit Spanien als Juniorpartner) entwickeltes Kampfflugzeug mitsamt bewaffneter und unbewaffneter Drohnen, das derzeit als wichtigstes europäisches Rüstungsprojekt gilt. Mit der Auslieferung wird nicht vor 2040 gerechnet, die Schätzungen über die gesamten Entwicklungskosten belaufen sich meist auf 100 Milliarden Euro.

Beantragt wurde nun zunächst einmal ein deutscher Anteil von knapp 4,5 Milliarden Euro (von insgesamt 13 Milliarden Euro) für die Projektphasen 1B und 2 bis zur Fertigstellung eines Prototyps, die auf 2027 terminiert ist. Obwohl es in der SPD zuvor arg rumort hatte, standen die Genossen bei der Abstimmung schließlich stramm an der Seite der Union. Sie schreiben sich zwar auf die Fahnen, „klare Bedingungen“ formuliert zu haben, mit denen den vielen Kritikpunkten Rechnung getragen worden sei, aber damit ist es nicht allzu weit her. Die wohl gravierendste Einschränkung dürfte darin bestehen, dass die beantragten 4,5 Milliarden Euro nun noch deutlicher in zwei Margen aufgeteilt wurden (Phase 1b für rund 2 Milliarden und Phase 2 für etwa 2,5 Milliarden Euro). Ursprünglich hätten die Gelder für Phase 2 automatisch freigegeben werden sollen, sobald diverse in Phase 1B erarbeitete „Qualitätskriterien“ erfüllt worden wären, nun ist eine erneute Zustimmung des Haushaltsausschusses erforderlich.

Das ist allerdings nur ein schwacher Trost, denn das Luftkampfsystem ist aus einer Reihe von Gründen hochproblematisch: Es bedeutet zum Beispiel einen weiteren Schritt Richtung kampfdrohnenunterstützter KI-Kriegführung – wie die Sozialdemokraten dies mit ihrer Position vereinbaren können, es gäbe in der Frage der Drohnenbewaffnung weiter Diskussionsbedarf, bleibt ihr Geheimnis. Faktisch haben die Abgeordneten außerdem die Katze im Sack gekauft, da der Bundesrechnungshof kritisierte, dass zum Zeitpunkt der Abstimmung „weder die Konzeptstudie noch die Phase 1A bisher beendet werden konnten und abschließende Ergebnisse insofern nicht vorliegen“. Ferner könnten die Abgeordneten überhaupt nicht wissen, über was sie abstimmen würden, schließlich konnte „dem Parlament noch kein endverhandeltes Vertragswerk vorgelegt werden“. Deshalb schlussfolgerte der Rechnungshof, das Projekt sei „mit sehr großen Risiken behaftet“. Schon jetzt sind die Kosten bis zur Fertigstellung eines Prototyps von ursprünglich 9 Milliarden auf 13 Milliarden Euro happig angestiegen. Angesichts der angesprochenen Risiken sollte man sich an solche Meldungen wohl gewöhnen.

Apropos Geld: Ein weiterer und bei weitem nicht der kleinste Skandal im Kontext der FCAS-Abstimmung bestand im Milliardenpoker von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Sie legte nämlich den FCAS-Antrag mit dem Verweis zur Abstimmung vor, es sei dafür im Verteidigungshaushalt kein Geld vorhanden – die Botschaft: wenn die Politik das Flugzeug unbedingt möchte, soll sie die Gelder dafür zusätzlich locker machen, andernfalls versenken wir das Projekt. Das saß augenscheinlich, denn am selben Tag wie die Abstimmung über das FCAS wurden auch der Entwurf des Bundeshaushalts 2022 und die Finanzplanung für die Jahre bis 2025 vom Kabinett beschlossen. Darin wurde der Verteidigungshaushalt gegenüber dem Eckwerte-Papier aus dem März um insgesamt 4 Milliarden Euro erhöht, um das FCAS (und andere Rüstungsprojekte) zu finanzieren – für 2022 sind jetzt 50,33 Milliarden Euro (statt 49,3 Milliarden Euro) vorgesehen. Allein deshalb ist die Zustimmung der Abgeordneten ein Armutszeugnis, weil sie der Erpressung der Verteidigungsministerin nachgegeben haben. Als „gutes Ergebnis“ kommentierte Kramp-Karrenbauer denn auch das Resultat der Auseinandersetzungen. Und tatsächlich hat sie hoch gepokert und Milliarden gewonnen.

Am Ende war das Projekt wohl tatsächlich „Too Big to Fail“, wie die Regierungsberater der Stiftung „Wissenschaft und Politik“ bereits vor einiger Zeit feststellten. In der „Internationalen Politik“, dem Zentralorgan des außenpolitischen Establishments im Lande, wurde die Bedeutung des FCAS kürzlich folgendermaßen beschrieben: „Strategisch gesehen wird das Luftkampfsystem der Zukunft der Testfall schlechthin für eine europäische Sicherheitspolitik sein. Der Druck auf die deutsche Regierung also ist immens, denn in diesem Sommer tritt FCAS in die entscheidende Planungsphase. FCAS war von Beginn an eher ein politisches denn ein militärisches Konzept, und vielleicht liegt darin ein Geburtsfehler. FCAS ist keine freiwillige Industriekooperation, sondern ein Projekt der politischen Machtzentren in Paris und Berlin.“

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