Betrügen bleibt billig

Klaus Wagener zu Strafen gegen VW

Manchmal wird es selbst der EU-Kommission zu viel. Zwar sind die Brüsseler nicht gerade für eine konzernkritische Haltung bekannt, aber was die Berliner Groko so in Sachen Dieselbetrug abzieht, nämlich Zuhälterei, ist selbst für die Junckers-Kommission inakzeptabel.

„Betrügen darf nicht so billig sein“, wird EU-Verbraucherschutzkommissarin Vera Jourova zitiert. Sie fordert Strafzahlungen von bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes. Der Konzernumsatz von VW liegt bei 230 Mrd. Euro. Wäre immerhin etwas. Aber Ex-VW-Chef Matthias Müller hatte gebarmt, in den USA schon 25 Mrd. Euro zahlen zu müssen. Sein Klagen war im Dobrindt-Ministerium erhört worden. Bislang hat sich weder ein Staatsanwalt noch das Verkehrsministerium gerührt.

Dabei geht es natürlich nicht um die banale „Schummelei“, die uns die Qualitätsmedien so gern nahebringen wollen, sondern um vorsätzliche Körperverletzung in zehntausenden Fällen, teilweise mit Todesfolge. Die automobile Umweltbelastung in den Städten ist eine ernste Sache. Menschen werden krank, Menschen sterben.

Lebten wir in dem so gern bemühten „Rechtsstaat“, wären die illegal zustande gekommenen Betriebsgenehmigungen erloschen, Fahrverbote würden ausgesprochen und durchgesetzt, Kaufverträge würden für nichtig erklärt und rückabgewickelt, den Bewohnern belasteter Areale würde Schadenersatz geleistet, die Verantwortlichen, Vorstände, Aufsichtsräte etc. würden vor Gericht gestellt und wegen organisierter Kriminalität, bandenmäßig begangenen Betrugs, Körperverletzung, mindestens fahrlässiger Tötung in zahlreichen Fällen verurteilt. Die politisch Verantwortlichen würden wegen Strafvereitelung im Amt, Unterstützung einer kriminellen Vereinigung, Begünstigung schwerer Straftaten ebenfalls vor dem Kadi landen. Und ebenso klar ist: Der „Rechtsstaat“ findet nicht statt – und zwar obwohl dem Verkehrsminister, und wohl auch der Justiz, völlig klar ist, dass eigentlich dringender Handlungsbedarf besteht.

Natürlich wissen alle (die es wissen wollen), dass der gegenwärtige automobile Individualverkehr eine verkehrspolitische, raumplanerische und ökologische Katastrophe ist. Eine Katastrophe, deren Ursache vor allem im Drang nach Maximalprofit liegt. Dieser Drang blockiert selbst das Denken. So stark, dass es die Vision einer ernsthaften, ökologischen verkehrspolitischen Alternative nicht einmal mehr in die Nähe der regierungszugelassenen Parteien schafft. „Augen zu und durch“ ist die Devise der „Groko“. Nicht nur verkehrspolitisch.

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"Betrügen bleibt billig", UZ vom 4. Mai 2018



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