Betriebsratswahlen 2022: Klassenbewusst gegen Rechts

Betriebsräte und ihre Gegner

Vom 1. März bis zum 31. Mai finden in zehntausenden Betrieben in ganz Deutschland Betriebsratswahlen statt. Nur noch 41 Prozent der westdeutschen und 36 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten arbeiten in Betrieben mit Betriebsrat. Insgesamt ist die Verbreitung von Betriebsräten heute deutlich geringer als noch zu Anfang der 2000er Jahre.

Ob Beschäftigte in einem Unternehmen mit Betriebsrat arbeiten, hängt stark von der Branche ab. So liegt der Anteil in der Branche Energie, Wasser, Abfall und Bergbau mit cirka 80 Prozent am höchsten, am niedrigsten liegt er im Gastgewerbe mit rund 12 Prozent. Dort, wo gewählt wird, ist die Wahlbeteiligung immer sehr hoch. Sie liegt bei rund drei Viertel der wahlberechtigten Beschäftigten. In kleinen und mittleren Betrieben ist die Wahlbeteiligung sogar noch höher, was die dringende Notwendigkeit von Betriebsräten gerade dort zeigt. In rund einem Fünftel der Unternehmen sind Frauen im Betriebsrat immer noch deutlich unterrepräsentiert.

Die Betriebsräte sind ein Kind der Novemberrevolution von 1918 in Deutschland. Die Vorstellungen der Rätebewegung in Deutschland sahen allerdings sehr viel mehr Rechte der Belegschaften vor. Nichtsdestotrotz ist es Aufgabe der Kommunisten, sich aktiv in die Betriebsratswahl und -arbeit einzubringen, dafür zu sorgen, dass im Betriebsrat nicht Ko-Management vorherrscht, sondern die Interessen der Beschäftigten wirkungsvoll vertreten werden. Eine auf Klasseninteressen der Werktätigen basierende Mitbestimmung berücksichtigt die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen. Sie bringt weitergehende Ziele in die Diskussion ein. Dadurch werden das Klassenbewusstsein geschärft und Klassenkämpfe gestärkt. Als Kommunisten kämpfen wir sowohl für die Verteidigung der Rechte von Betriebsräten wie auch für ihre Ausweitung und Stärkung.

Von Seiten des Kapitals haben die Angriffe auf die Interessenvertretungen stark zugenommen, sei es gegen Betriebsratsgründungen, gegen bestehende Rechte und Mitbestimmungsmöglichkeiten ebenso wie gegen eine kämpferische Betriebsratspolitik oder sich wehrende Belegschaften. Betriebsrats-Mobbing muss gemeinsam entgegengetreten werden, sonst führt es zu Einschüchterungen von Aktiven und hinterlässt resignierte Belegschaften. Gerade im Vorfeld der Betriebsratswahlen gilt es, diesen Angriffen entschlossen entgegenzutreten. Außerdem müssen wir darum ringen, dass es wieder in mehr Betrieben starke Interessenvertretungen gibt, mehr Beschäftigte über Betriebsratsarbeit abgesichert sind.

Doch es lauert auch noch eine andere Gefahr – rechte Organisationen sind bereits bei den letzten Betriebsratswahlen 2018 mit eigenen Listen angetreten und versuchen, rechte Strukturen in den Betrieben aufzubauen und sich in den Belegschaften zu verankern. So konnten sie 2018 Betriebsratsmandate erringen, insbesondere in Betrieben der Automobilindustrie: in verschiedenen Daimler-Betrieben (Untertürkheim, Rastatt, Sindelfingen), bei Stihl in Waiblingen, bei Opel in Darmstadt und bei BMW und Porsche in Leipzig. Sie sind auch in anderen Betrieben aktiv und werden bei den nächsten Wahlen im Frühjahr 2022 wieder antreten. Sie greifen vorhandenen Unmut auf, richten ihn aber nicht gegen das Kapital, sondern gegen die IG Metall und andere DGB-Gewerkschaften. „Zentrum Automobil“, eine dieser rechten Spalterorganisationen, schreibt auf ihrer Homepage: „In den kommenden Wochen und Monaten können sich mutige Kollegen in alternativen Kandidatenlisten zur Wahl aufstellen und so eine innerbetriebliche Opposition zu den großen Gewerkschaften wie IG Metall und ver.di aufbauen: Dafür haben wir Material zusammengestellt, Erklärfilme produziert, Texte vorbereitet und ein Online-Seminar eingerichtet. (…) Das Zentrum ist ein wachsendes Netzwerk alternativer Betriebsräte und bundesweit in allen Branchen und Industrien tätig.“ Das zeigt, sie rüsten sich. Wir müssen uns klar positionieren.

Politisch ist Zentrum Automobil (ZA) mit rechtsextremen bis hin zu faschistischen Gruppen verbandelt, zum Beispiel mit „Freie Sachsen“, die am 3. Dezember mit Fackeln vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) in Grimma aufmarschierten und sie bedrohten. Beim Gründungstreffen „Freie Sachsen“ war der sächsische Ableger des ZA mit dabei. Betriebsräte des ZA aus dem Mercedes-Werk in Untertürkheim sind ebenfalls gute Freunde von „Freie Sachsen“. Kurz vor dem Aufmarsch in Grimma war ZA-Betriebsrat Hans Jaus bei der Gruppe zu Gast, hat die Organisation gelobt und mit dem Chef vor laufender Kamera Schnaps getrunken. Das Beispiel zeigt die rechtsextreme Verortung, auch wenn sie sich im Betrieb oder in ihren Flyern harmlos darstellen.

Die rechten Kräfte im Betrieb schwächen wir am wirkungsvollsten durch eine kämpferische Betriebsrats- und Gewerkschaftspolitik, durch konsequente Interessenvertretung und Zurückweisung aller Spaltungsversuche.

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"Betriebsräte und ihre Gegner", UZ vom 7. Januar 2022



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