Winfried Wolf hält von der automobilen Elektro-Zukunft nichts. Das wird schon im Vorwort seines soeben erschienenen Buches „Mit dem Elektroauto in die Sackgasse“ klar. Es gehe bei der E-Mobilität nicht um Klimapolitik, sondern um einen weiteren Schritt, die Mobilität der Menschen und den Transport von Waren langfristig in Händen der Automobilkonzerne zu belassen. Die Abhängigkeit der Menschen vom Auto solle weiter vorangetrieben werden zugunsten der Profite der mächtigsten Branche in der Industrie.
Elektromobilität ist nach Wolf Greenwashing einer Industrie, die maßgeblich an der Klimaerwärmung schuld ist. Die Umwelt und die Lebensqualität leiden, so Wolf, vor allem in den Städten unter einer wachsenden Fahrleistung, einem wachsenden Fahrzeugbestand mit ständig wachsender Motorleistung. Dass die Elektrifizierung des individuellen Autos an der CO2-Bilanz des Verkehrs und an der Verkehrssituation in den Städten – und nicht nur dort – nichts ändern wird, zeigt Wolf anhand von vielen Fakten auf. Einer davon: „Der Elektro PKW startet mit einem gewaltigen ökologischen Rucksack. Die Herstellung ist mit deutlich mehr Klimaäquivalenten verbunden. Hauptursache ist die Fertigung der Batterien – dies geben selbst die Hersteller von E-Autos zu.“
Auch bei der Forderung, Dieselfahrzeuge durch Elektroautos zu ersetzen, gehe es weniger um die Umwelt. Der von der Autoindustrie verursachte Dieselskandal wurde, so Wolf, in ein Sonderkonjunkturprogramm für die Automobil-Industrie umgemünzt. Statt Nachrüstung, die für ca. 1 500 Euro möglich wäre und von der Autoindustrie bezahlt werden müsse, werden neue Autos verkauft. Hundertausende der alten Dieselfahrzeuge werden vor allem nach Osteuropa verschoben. „Das ist kein Beitrag für die Umwelt. Während die wohlhabenden Länder ihre Luft und Klimabilanz verbessern, wird es anderen umso schwerer gemacht, die Vorgaben der EU zu erreichen.“
In gleich zwei Kapiteln setzt sich Wolf kritisch mit der Entwicklung der E-Mobilität in China auseinander, und im Kapitel „Tesla-Saga“ rechnet Wolf mit dem E-Auto-Kapitalisten Elon Musk ab.
Für die Diskussion über die Konsequenzen wesentlich sind die beiden Abschlusskapitel. Hier befasst sich Wolf mit der Macht der Autokonzerne und der Notwendigkeit einer umfassenden Verkehrswende. „Der Machtblock der Autokonzerne muss der gesellschaftlichen Kontrolle unterstellt werden, um eine Politik der Verkehrswende umzusetzen.“ In der Frage, wie diese Macht gebrochen werden könnte, bleibt Winfried Wolf aber ziemlich vage. Wohl spricht er mehrfach den Kapitalismus als Verursacher und Nutznießer an. Von Enteignung, Vergesellschaftung oder gar Sozialismus als Voraussetzung für das Brechen der Macht der Autokonzerne, ist allerdings nichts zu lesen. Ebenfalls ziemlich vage fallen die Aussagen aus, wenn es um die Ausgestaltung der umfassenden Verkehrswende geht. Hier tauchen zu oft die Worte „sollte“, „könnte“, „müsste“ auf. Es ist sicherlich richtig zu fordern, dass das Zu-Fuß-Gehen, das Radfahren und die Nutzung eines kostenlosen ÖPNV bzw. einer kostengünstigen Bahn im Fernverkehr Vorrang vor der Auto-Mobilität haben müsse. Ob eine durchgreifende Verkehrswende mit Tempolimits, weniger SUVs, Urlaubsflügen, Kreuzfahrtschiffen und unnützen Warentransporten sowie mehr Schienenverkehr durch eine ‚„Bewegung von unten“ durchgesetzt werden kann, lässt Zweifel aufkommen. Seien wir aber ehrlich: Auch wir haben hier keine schlüssigen Antworten, außer Sozialismus. Dies ist derzeit aber ebenfalls sehr vage.
Winfried Wolfs Buch ist eine manchmal sehr emotionale Streitschrift gegen den Autowahn und die Automobilkonzerne. Nicht jede seiner Thesen, wie zum Beispiel die, dass E-Autos die Zahl von PKW gar nicht reduzieren würden, kann Wolf auch tatsächlich beweisen. Dennoch, sein Buch ist ein guter und notwendiger Diskussionsbeitrag.