Heil trifft sich mit „Gorillas“ zum PR-Termin

„Bescheidene Bilanz“

Die „Aktion gegen Arbeitsunrecht“ hat einen PR-Termin des Arbeitsministers Hubertus Heil (SPD) genutzt, um ihm 1.600 Unterschriften für die Petition „Betriebsräte effektiv stärken!“aufzuzwingen. Ein erster Versuch war im Mai am Unwillen des Ministers gescheitert. Mit der Petition kritisieren zahlreiche Betriebsratsmitglieder, Gewerkschafter, Beschäftigte und Arbeitsrechtler aus ganz Deutschland das unzureichende und unentschlossene Vorgehen des SPD-Arbeitsministers gegen das sogenannte „Union Busting“ – also die professionelle Bekämpfung einer Organisierung der Beschäftigten.

Heil wollte bei einem PR-Termin Vertreterinnen und Vertreter der Berliner „Gorillas“-Fahrradkuriere treffen, die in den letzten Monaten durch Proteste und Streiks auf ihre miserablen Arbeitsbedingungen aufmerksam gemacht haben. Für Stirnrunzeln sorgte Heils Auskunft, dass er sich zuvor mit dem Gorillas-Management getroffen habe.

Die „Gorillas“ fordern eine Begrenzung der Probezeit, die bei Gorillas wie auch beim Delivery-Marktführer Lieferando sechs Monate beträgt. Das wirkt angesichts von sachgrundlos befristeten Verträgen, die über ein Jahr laufen, beinahe sittenwidrig. Die sechsmonatige Probezeit wird vom Management genutzt, um willkürlich zu feuern.

Eine unangemessen lange Probezeit und sachgrundlose Befristung sind die wohl gebräuchlichsten Werkzeuge des „Union Busting“ bei Lieferdiensten. Damit kann das Management renitente Beschäftigte, potentielle und mutmaßliche Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter kalt entsorgen sowie die Gründung von Betriebsräten behindern.

Es sei deutlich geworden, dass es Hubertus Heil bei dem Treffen mit den Beschäftigten lediglich darum ging, in die Medien zu kommen, schreibt die „Aktion gegen Arbeitsunrecht“ in einer Pressemitteilung. Der Auftritt des Arbeitsministers habe „mehr Fragen als Antworten“ hinterlassen. Heil habe zudem den Eindruck vermittelt, keine Macht über das zu haben, was sein Ministerium regelt: „Offenbar wollte er den Wahlkampf der SPD keineswegs durch konsequente Interessenvertretung für Lohnabhängige und Ausgebeutete befeuern. Vielleicht weiß er selbst, wie bescheiden seine Bilanz ist? Vielleicht hat er den Glauben verloren, nach der Bundestagswahl am 26. September 2021 weiter Arbeitsminister zu sein?“

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"„Bescheidene Bilanz“", UZ vom 30. Juli 2021



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