Am vergangenen Wochenende fand in Potsdam die zweite Verhandlungsrunde für die Tarifauseinandersetzung im Öffentlichen Dienst statt. Zahlreiche Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter demonstrierten vor Beginn der Verhandlungen für ihre Forderungen. Andreas Kutsche war dabei. Wir sprachen mit ihm über den Ablauf und die Erwartungen der Beschäftigten.
UZ: Wie hast du den Auftakt zur zweiten Verhandlungsrunde am Wochenende erlebt?
Andreas Kutsche: Der Auftakt am Samstagmorgen fand ja unter Corona-Bedingungen statt. Es haben dennoch Kolleginnen und Kollegen von unterschiedlichen Gewerkschaften teilgenommen. Der Beamtenbund war da, Kolleginnen und Kollegen der Polizei, die GEW. Und eben auch ver.di war sehr gut vertreten.
Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitsbereich waren explizit aufgerufen und sind auch gekommen, eine Delegation aus Nordrhein-Westfalen war da und aus anderen Regionen, von unserem Haus waren wir zu viert da. Es war insgesamt ein gutes Bild.
Wir haben vor dem Verhandlungsort unsere Forderungen noch einmal bekräftigt, ebenso der ver.di-Vorsitzende und seine Stellvertreterin in ihren Reden.
UZ: Die Arbeitgeber haben auch in dieser Runde kein Verhandlungsangebot vorgelegt, sie hatten die Forderungen von ver.di als überzogen bezeichnet. Wie kommt das bei dir und den Kolleginnen und Kollegen an?
Andreas Kutsche: Das kommt ganz schlecht an, zumal man uns ja noch im Frühjahr beklatscht hat. Nun will man uns nichts geben.
Die Forderung aus dem Gesundheitsbereich ist höher als die, die für den TVöD auf dem Tisch liegt. Die Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitsbereich können dieses Mauern der Arbeitgeber überhaupt nicht verstehen.
UZ: Welche Erwartungen haben die Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitswesen im Osten an diese Tarifrunde?
Andreas Kutsche: Auf die Löhne bezogen wollen wir die entsprechende Anerkennung. Ein weiteres Thema sind bei Wechselschichten die Pausenregelung. Die Pausen sind ja nicht in der Arbeitszeit inbegriffen, das ist ein großer Knackpunkt, der ja noch aus der letzten Tarifverhandlung von 2018 offen ist. Das sind wöchentlich zweieinhalb Stunden, die wir zusätzlich leisten gegenüber den anderen Kolleginnen und Kollegen, die in Wechselschicht arbeiten. Die Ost-West-Angleichung der Arbeitszeiten von 40 auf 39 Stunden wird von den Arbeitgebern herausgezögert bis 2025. Da fehlen uns die Worte, dass man nach 30 Jahren das überhaupt noch thematisieren muss. Es soll wohl nun zwei Schritte geben: eine halbe Stunde bis 2023 und dann ab 2025 die Angleichung an 39 Stunden.
Im Pflegebereich gibt es die zusätzliche Forderung einer Zulage in Höhe von monatlich 300 Euro für alle, die in der Pflege beschäftigt sind. Da haben die Arbeitgeber gesagt, das gehe gar nicht. Sie könnten sich das maximal vorstellen für die Pflege am Bett.
UZ: Seid ihr im Betrieb kampfbereit, um eure Forderungen durchzusetzen?
Andreas Kutsche: Im Land Brandenburg sind ja nur wenige Einrichtungen im Gesundheitswesen tarifgebunden. Aber wenn ich das bundesweit betrachte und jetzt nur mal nach Berlin sehe: Ja, die Kolleginnen und Kollegen sind kampfbereit.
Und für die Beschäftigten in der Pflege macht es die Forderung nach den 300 Euro Bonus pro Monat lohnenswert, dafür auf die Straße zu gehen und dafür zu kämpfen.
Für die 4,8 Prozent allein – das würde ich für unser Haus sagen – würden Kolleginnen und Kollegen nicht auf die Straße gehen. Es gab Forderungen im Krankenhausbereich von bis zu 15 Prozent. Der Fachkräftemangel in der Krankenpflege ist ja der Entlohnung und den Arbeitsbedingungen geschuldet, dem sollte mit dieser Forderung Rechnung getragen werden.
Das Gespräch führte Werner Sarbok