Wir dokumentieren an dieser Stelle die Pressemitteilung von Klaus Lipps, Sprecher der „Initiativgruppe 40 Jahre Radikalenerlass“ und des „Bundesarbeitsausschuss der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der demokratischen Grundrechte“.
Zurzeit wird viel darüber gesprochen und gestritten, ob ein neuer „Radikalenerlass“ eingeführt werden soll – nämlich gegen Rechte. Einen entsprechenden Beschluss haben die Innenminister und Innensenatoren am 18. Oktober 2019 gefasst. Offiziell gemeint sind hier wohl vor allem Mitglieder des sog. „Flügels“ der AfD, also der Gruppierung um den thüringischen AfD-Vorsitzenden Höcke.
Wir Betroffene des sog. „Radikalenerlasses“ vom 28. Januar 1972 lehnen solche Vorstöße ab, und zwar aus ganz konkreter persönlicher und politischer Erfahrung.
Wir sind gebrannte Kinder: Wir haben nach 1972 erfahren, dass und wie solche Maßnahmen, die sich angeblich gegen rechts und links richten, sehr bald und dann fast ausschließlich gegen linke Kritiker der herrschenden Verhältnisse angewandt werden.
Heute soll – so die Innenminister – geprüft werden, „inwiefern bei extremistischen Bestrebungen disziplinarrechtliche Konsequenzen bis zur Entziehung des Beamtenstatus ermöglicht werden können“.
Wie vor Jahren von „Radikalen“, so sprechen die Minister heute ganz allgemein von „Extremisten“, statt von Nazis. Seit Jahren werden junge Antifaschist*innen dafür kriminalisiert, dass sie gegen Nazis auf die Straße gehen. Nach unseren Erfahrungen halten wir es für möglich, dass mit den „extremistischen Bestrebungen“ genau sie gemeint sind. Und dass mit den angedrohten „Konsequenzen bis zur Entziehung des Beamtenstatus“ genau ihnen der Zugang zum Beispiel zum Lehrerberuf erneut verbaut werden soll, wie schon in den Jahren nach dem „Radikalenerlass“ von 1972.
Wir sind der Auffassung, dass jemand aus dem Öffentlichen Dienst dann entlassen werden kann (und soll), wenn er sich schwerwiegender konkreter Vergehen gegen seine Dienstpflichten schuldig gemacht hat. Die bloße Mitgliedschaft in einer Gruppe oder Organisation oder einer nicht verbotenen Partei darf kein Berufsverbot begründen. Die Dienstherren müssen sich schon die Mühe machen (und dies schleunigst!), dem/der Betreffenden konkrete Verfehlungen nachzuweisen.
Wir denken, dass die etablierten Parteien, die staatlichen Institutionen und auch die Justiz alle Möglichkeiten hatten und haben, politisch und rechtlich gegen Organisa-tionen und Personen vorzugehen, die ganz offensichtlich und öffentlich grundgesetz-widrig und faschistoid agieren. Aber das wurde bisher nicht getan. Leute wie Höcke wurden lange Zeit bedauerlicherweise auch von einem Teil der Medien bekannt und hoffähig gemacht. Eine ernsthafte inhaltliche und politische Auseinandersetzung mit ihnen fand und findet bislang kaum statt.