Unmittelbar nach Kündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch den US-Präsidenten tönten die Regierungschefs der großen EU-Länder noch mit großen Worten, sie wollten am Abkommen festhalten. Denn die von ihnen betreuten Kapitalisten klagten laut, welch wunderbare Geschäfte ihnen im Iran entgehen würden, wenn sie die von den USA einseitig beschlossenen Sanktionen gegen den Iran befolgen würden. Täten sie es nicht, wäre ihre Lage noch schlimmer, denn dann würde Washington sie vom sehr viel größeren US-Markt aussperren oder, nicht minder ärgerlich, sie mit hohen Strafen belegen. Im Sommer 2014 etwa hatten US-Staatsanwälte der französischen Großbank BNP Paribas eine Strafe von 8,8 Mrd. Dollar aufgebrummt, weil sie – so der Vorwurf – gegen die damaligen US-Sanktionen verstoßen habe. Die Bank bezahlte. Zur juristischen Rechtfertigung ihres rüden Vorgehens setzten die USA in der EU und anderen Gegenden der Welt Kontrollgesetze gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung durch. Da der Iran per US-Definition ein Terrorregime ist, konnten die Sanktionen damit auch in „Rechtsstaaten“ wie Deutschland durchgesetzt werden. Durch Druck auf die Banken den Zahlungsverkehr mit Ländern zu unterbinden, die der US-Regierung nicht gefallen, hat sich auf diese Weise als ziemlich wirksam erwiesen.
Wenn meine Bank meine Überweisungsaufträge nicht mehr ausführt, bleibt mir nichts anderes übrig, als mir mein Guthaben in bar auszahlen zu lassen, damit ich die verlangte Summe beim Einkaufen dem Verkäufer in die Hand drücken kann. In solcher Lage befindet sich der Iran. Ab November spätestens soll er nach US-Befehl kein Geld mehr per Banktransfer erhalten. So hat sich in der vergangenen Woche die staatliche iranische Europäisch-Iranische Handelsbank 300 oder auch 380 Mio. Euro von der Bundesbank bar auszahlen und die vielen Scheinchen per Flugzeug nach Teheran transportieren lassen. Das war der Plan. Ob er auch realisiert wurde, ist noch nicht bekannt. Jedenfalls rechnet die Regierung in Teheran (wie auch alle realistischen Beobachter) damit, dass die Bundesregierung gegen das Washingtoner Sanktionsdiktat keinen Widerstand leistet, sondern einknickt.
Sogar der umständliche und teure Bargeld-Transfer stieß auf Widerspruch aus Washington und Israel. Er könne der Terrorfinanzierung dienen, behaupteten beide Iran-Feindstaaten. Solange das Atomabkommen mit dem Iran formal noch gilt, dürfte es allerdings in Deutschland schwierig sein, die Terrorfinanzierung zu belegen. Wenn die Bundesbank den Bargeld-Transfer gemäß den von den USA durchgesetzten Gesetzen geprüft hat, könnte er sich als Modell erweisen. Die Bundesbank hat keine Geschäftsinteressen in den USA und wäre von drohender Aussperrung vom US-Markt nicht betroffen. Sie könnte sich einfach an deutsche Gesetze halten und so dem Sanktionsdiktat der USA Widerstand leisten.