Wenn Investoren ganz normal ihren Geschäften nachgehen, verwandeln sie eine vergleichsweise gemütliche Innenstadt Stück für Stück in einen Verhau aus Bauruinen oder unschönen Neubauten. Im Prinzip machen alle Investoren dasselbe wie Benko, günstig kaufen, den Wert hochtreiben und dann weiterschauen, was man noch herausholen kann. Ergebnis ist ein zunehmend hässlicheres Stadtbild, zunehmende Versiegelung, ungebremst steigende Mieten. Warnungen vernünftiger Stadtplaner und Architekten wirken kaum. Die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung schwören, dass ihnen wegen der Gesetzeslage die Hände gebunden sind, beziehungsweise äußern offenherzig, dass es ihr Job ist, den Vollzug des Baurechts zu garantieren. Deswegen seien auch die Bauruinen zwischen Hauptbahnhof und Fußgängerzone mehr oder weniger ohne ihr Zutun entstanden.
Seit einigen Wochen kommen nun laufend neue Meldungen, welche Summen Landesbanken und Sparkassen an Benko geliehen haben, unter anderem die Stadtsparkasse München. Für die Stadtrats-CSU ist dies ein super Wahlkampfgeschenk: Von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) als Vorstand des Verwaltungsrats will sie wissen, wie der Kontakt zwischen Benko und der Sparkasse zustande kam und ob die Sparkasse ordnungsgemäß gehandelt hat. Noch mehr Heuchelei kann man sich kaum vorstellen: Die CSU selber sitzt wie die anderen Parteien im Verwaltungsrat der Sparkasse, wo die Geschäfte kontrolliert wurden, zuweilen zu Benkos Wohlgefallen, wie es scheint. Zum Vorteil für Benko war auch das Einknicken des Stadtrats vor der Forderung nach der Zerstörung der historischen Arkaden vor der Alten Akademie.
Die Stadtrats-CSU argumentierte damals, dass Arkaden für München nicht typisch seien. Für Benko waren das einige Millionen Euro Mieteinnahmen mehr, zwar nur auf dem Papier, aber eine der wichtigen Voraussetzungen für das Einsammeln von weiteren Millionen auf der ganzen Welt. Insofern ist dies ein kleines Stückchen der weltweiten Zockerei, Kumpanei und Gutgläubigkeit, die das System Benko erst möglich machten. Um den Wert von Immobilien ohne irgendeine Leistung derart in die Höhe zu treiben, braucht es ein Netz von Mitmachern. Hat sich in München eventuell jemand gutgläubig über den Tisch ziehen lassen?
Vor über 50 Jahren waren in München die Preise für Immobilien noch im Rahmen des Üblichen. Nach der Bewerbung für die Olympischen Spiele und den folgenden Bauprojekten allerdings hatte München immer schneller die Aufmerksamkeit von Investoren auf sich gezogen. Aber auch die Verantwortung für eine menschenwürdige Stadtentwicklung war damals noch lebendig. Es entstand vielfältiger Widerstand und zunehmendes Engagement, sogar bei politisch Verantwortlichen. Damals sorgte sich der Münchner Stadtrat um die Bodenpreise, die ohne Leistung durch reine Spekulation ständig stiegen. Vom Gesetzgeber forderte er 1972 die Einführung einer Bodengewinnsteuer in Kommunen. Dass dies bis heute von Großgrundbesitzern und ihren Vertretern in der Politik verhindert werden konnte, liegt wohl an unserem Wirtschaftssystem. Heute ist München ein Investorenparadies. Da hilft nur noch Enteignung, damit Grund und Boden für eine lebenswerte Stadt genutzt werden kann.
Dieser Artikel erschien zuerst in „Auf Draht – Zeitung der DKP München und Gruppe KAZ“.