Alle Räder stehen still, so es das Virus will, scheint es. Allein die Tatsache, dass ein Virus nicht nur die Gesellschaft, sondern ihr System auf den Prüfstand stellt, ist bemerkenswert.
Systemkritisches Denken erhält mehr Antrieb als bisher schon. Heilige Dogmen dieser Gesellschaft lösen sich geradezu auf. „Privat vor Staat“ wirkt bei den Hilferufen der Wirtschaft lächerlich und dumm. Selbstheilungskräfte der Märkte scheinen außer Kraft, wenn es sie überhaupt gegeben hat. Das empörende Geschrei aller Enteignungsgegner verstummt, wenn sie mit größtem Selbstverständnis vom Staat gerettet werden wollen und Anspruch auf viele Milliarden erheben, was ihr Eigentum an sich von selbst auflöst und vergesellschaftet. Fast wundersame Eingeständnisse bringt ein wütendes Virus hervor, spült Dreck und Wahrheiten des Kapitalismus an die Oberfläche und im Krisenmodus wetten die Hedgefonds, Heuschrecken, auf Abschwung und Pleiten.
Die Perversität dieses Systems tritt offen zutage. Es fällt zunehmend schwer, es zu verbergen, weg-, und schönzureden, zu verharmlosen oder an Feindbildern festzumachen oder zu relativieren. Zugleich erweisen sich Gesellschaften, die sich dem neoliberalem Wahn und der Privatisierung aller Lebensbereiche, dem Profitzwang nicht untergeordnet haben, am besten dazu fähig, damit fertig zu werden. Wo gesellschaftliches Interesse, das Lebensinteresse aller, Vorrang vor dem Profitinteresse einiger weniger Profiteure hat, finden sich soziale und problemlose Lösungen.