Bei Spahn fallen Späne

Manfred Dietenberger über Minister, Medien und neuen Sozialabbau

Weil zum Beispiel die Hartz-IV- Leistungen den Empfängern hinten und vorne nicht zu einem auskömmlichen Leben reichen, gibt es hierzulande inzwischen über 900 Lebensmitteltafeln. Frech und ohne falsche Sympathie für die Schwachen behauptet Minister Jens Spahn: „Hartz IV bedeutet nicht Armut, sondern ist die Antwort unserer Solidargemeinschaft auf Armut.“ Und erst vor wenigen Tagen haut Spahn ein weiteres Mal in dieselbe Kerbe: „Natürlich ist es schwierig, mit so einem kleinen Einkommen umgehen zu müssen wie es Hartz IV bedeutet. Das deckt die Grundbedürfnisse ab und nicht mehr, da gibt es auch nichts zu diskutieren und das habe ich auch nicht in Frage gestellt.“ Und als habe er Angst, als Weichei dazustehen, setzt er nach: „Ich finde es nur trotzdem wichtig zu sehen, dass unser Sozialsystem tatsächlich für jeden ein Dach über dem Kopf vorsieht und für jeden das Nötige, wenn es ums Essen geht.“ Und fast beiläufig behauptet er, eine Verkäuferin im Einzelhandel habe weniger, um ihre Familie zu versorgen, als jemand, der den Hartz-IV-Satz bekommt.

Mediale Schützenhilfe bekam Spahn von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). Die titelte: „Steuerzahlerbund: Hartz IV bringt oft mehr Geld als Arbeit,“ und viele Medien übernahmen diesen Schmarrn. Doch ganz schnell wurden die abstrusen Berechnungen des Steuerzahlerbundes der Falschmünzerei überführt, und die FAZ musste zurückrudern. Einmal mehr spielte sich dabei der undurchsichtige Haufen des Bund der Steuerzahler mit vermeintlich wissenschaftlich untermauerten Positionen als neutraler und seriöser Anwalt der hart arbeitenden Steuerzahler auf.

Doch Vorsicht ist geboten: Der Verein finanziert sich durch Spenden, die überwiegend von mittelständischen Unternehmen stammen. Der Bund der Steuerzahler ist die Vereinigung derer, die keine Steuern zahlen wollen und deshalb den Schwachen nicht einmal das Wasser in der Suppe gönnen. Dem Minister, dem Steuerzahlerbund und all den anderen im Fahrwasser der FAZ, dem Flaggschiff des Kapitals, schwimmenden Medien geht es nicht um Fakten, sondern um Propaganda gegen die Verlierer, die am Rande der am Profit orientierten Gesellschaft stehen. Das „Handelsblatt“ ist wie viele andere Medien der Meinung, da müsse noch mehr gehen, und schürt deshalb Angst und Sozialneid, dass auf Grund der wachsenden Spannungen mit den USA, Russland und China die Aufrüstungspläne der GroKo viel zu bescheiden sind und dass die neue Regierung den Sozialabbau viel zu zaghaft angeht. Ja, da geht sicher noch mehr, ist zu befürchten. Insbesondere von Jens Spahn, der im vergangenen Oktober zusammen mit dem feschen österreichischen Kanzler Sebastian Kurz, im Bündnis mit der rechtsextremen FPÖ regierend, dessen Wahlsieg feierte.

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"Bei Spahn fallen Späne", UZ vom 29. März 2018



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