Wir können es nicht oft genug formulieren und müssen vor allem auch an der Umsetzung arbeiten: Die derzeitige Hauptaufgabe ist es, die relativ weitgehende Integration der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in den NATO- und Aufrüstungskurs, in den Kurs der Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten zurückzudrängen. Die beiden Gewerkschaftstage von ver.di und der IG Metall werden als Meilensteine zeigen, wo die Friedenskräfte bei dieser komplizierten Aufgabe stehen.
Leider ist im Vorfeld dieser Konferenzen zu bilanzieren, dass wesentliche Antragsentwürfe aus den Führungsebenen der Gewerkschaften für eine weitgehende bis vollständige Abkehr der gewerkschaftlichen Friedenspositionen stehen. Da ist der Aufruf des DGB zum 1. September schon fast eine rühmliche Ausnahme, obwohl er auch einige Narrative der medialen NATO-Gefolgschaft wiederkäut.
Zum Glück regt sich Widerspruch. In vielen Konferenzen der mittleren und unteren Ebene gab es Debatten und oft auch gute Beschlüsse. Sie richten sich gegen das 100-Milliarden-Aufrüstungspaket und das 2-Prozent-Ziel, gegen Waffenlieferungen und Atomwaffen auf deutschem Boden. Sie erkennen den Zusammenhang von Hochrüstung auf der einen und Sozialabbau und Inflation auf der anderen Seite. Hier kann angesetzt werden. Es kann angesetzt werden am deutlichen Widerspruch zwischen dem Aufruf des DGB zum Antikriegstag und den Anträgen aus der Führungsebene von Einzelgewerkschaften.
Zu diesem Widerstand gehört auch der Aufruf „Sagt Nein! Gewerkschafter:innen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden!“. Er findet Zuspruch, bringt zum Ausdruck, dass viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter die Problematik erkennen und eine Entsorgung von Friedenspositionen ablehnen. Allerdings ist sein Duktus so angelegt, dass er sich nicht an Schwankende, zu gewinnende Kolleginnen und Kollegen wendet. Deshalb unterschreibe ich den Aufruf nicht.
Uns muss klar sein, dass das Schwanken von Kolleginnen und Kollegen nicht verwunderlich ist. Sozialdemokratie, Grüne und selbst Teile der Linkspartei tragen den Kurs des deutschen Imperialismus mit. Das Monopolkapital und seine dominierende Fraktion wissen sehr gut um die Notwendigkeit von „Ruhe an der Heimatfront“. Sie wissen erst recht, wie wichtig dafür die Einbindung der Arbeiterbewegung ist und konzentrieren sich darauf – medial und mit ihrem Einfluss auf die Gewerkschaften. Wir dagegen dürfen keinen der unseren verloren geben, weil er schwankt. Ein Kollege, der der Lüge von der mangelnden Ausrüstung der Bundeswehr auf den Leim geht, ist noch lange kein Kriegstreiber. Eine Kollegin, die nicht davon gehört hat, dass die Ukraine seit 2014 einen Krieg gegen den Donbass führte, muss aufgeklärt und nicht ausgegrenzt werden. Das alles ist zähe Kleinarbeit, der wir uns stellen.