Ausgerechnet nach den Provokationen der britischen Kriegsmarine im Schwarzen Meer gegen Russland im Zuge des NATO-Manövers „Sea Breeze“ verlegt die deutsche Luftwaffe Eurofighter nach Rumänien, um ihrerseits mit den Briten den Krieg zu proben. Die „Deutsche Presseagentur“ berichtet „eingebettet“ geradezu euphorisch: „Donnernd steigt eine rumänische ‚Mig-21‘ von der NATO-Luftwaffenbasis ‚Mihail Kogalniceanu‘ aus in den Himmel über dem Schwarzen Meer. Minuten später folgt von dem Rollfeld am Rande von Constanta aus eine britische ‚Typhoon‘, dann ein Eurofighter der deutschen Luftwaffe. Die Piloten haben maximal 15 Minuten Zeit, um auf einen Alarm hin aus den Diensträumen in der Luft zu sein.“ Und wenn deutsche und britische Besatzungen von dem Flugplatz starten, „hängen scharfe Waffen unter den Maschinen“. Als Ziel wird ausgegeben, den Luftraum „an der Südostflanke der NATO“ zu sichern wie schon im Baltikum. Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz bekräftigt, der Einsatz „stärke den Zusammenhalt innerhalb der NATO und sendet ein eindeutiges politisches Signal nach außen“. Bis zum 9. Juli noch soll das militärische Zusammenwirken von Luftwaffe und Marine im Schwarzen Meer trainiert und der an Russland angrenzende Luftraum von deutschen Kampfjets überwacht werden.
Bereits am 25. Juni hat der neue Inspekteur der deutschen Marine, Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach, deutsche Soldaten auf mögliche Kriegseinsätze fern der Heimat eingestimmt. Mit Blick auf die Bedrohungsanalyse der NATO sei es notwendig, nicht nur defensiv handeln zu können, so Schönbach in einer Grundsatzrede an der Marineunteroffiziersschule im schleswig-holsteinischen Plön vor 240 Soldatinnen und Soldaten. Als Beispiele führte er eine „stetige“ Aufrüstung Russlands und der VR China an. So erklärte Schönbach laut dem auf der Homepage der Bundeswehr veröffentlichten Redemanuskript: „Allein China hat in den letzten vier Jahren Schiffe in der Zahl der gesamten französischen Marine in Dienst gestellt und ein enges Netzwerk an weltweit verteilten Marinestützpunkten aufgebaut. Dabei geht es offensichtlich nicht nur um die Sicherung der Handelswege oder einen sichtbaren Beitrag zum Konfliktmanagement, sondern vor allem um Machtprojektion.“ Tatsächlich hat China nur einen einzigen Militärstützpunkt im Ausland, in Dschibuti am Horn von Afrika. Dort hat auch die US-Armee eine Basis – und an rund 1.000 anderen Orten auf der ganzen Welt. Und auch bei der Aufrüstung sind die USA und die übrigen 29 NATO-Staaten einsame Spitze: Zusammen liegen die Militärausgaben bei mittlerweile über 1,1 Billionen US-Dollar. China gibt im Vergleich dazu mit 252 Milliarden Dollar weniger als ein Viertel davon aus, Russland mit rund 62 Milliarden Dollar 18-mal weniger als das NATO-Kriegsbündnis.
Doch das ficht Schönbach nicht an. Er beklagt lieber die mangelnde Wertschätzung. Er habe häufig den Eindruck, so der Inspekteur, dass die Marine bei Alliierten und Partnern als „zahnloser Tiger“ gelte. Ihre Professionalität werde geschätzt, jedoch fehle nach Wahrnehmung der Partner die Ausrichtung auf Bedrohungen, also die Bereitschaft, „nicht nur defensiv zu reagieren“. Die geplante Fahrt der Fregatte „Bayern“ in den „Indopazifik“ sei ein erster Schritt. „Unser oberstes Ziel muss es sein, die Marine der Politik weiterhin als verlässliches und vielseitiges Instrument anzubieten.“
Die Marinesoldaten schwor er in seiner gegen Russland und China orientierten Kriegsbrandrede offen ein: „Nicht Schiffe, sondern Menschen kämpfen (…) Was wir deshalb sofort anpacken können, ist eine Refokussierung auf die Fähigkeit und den Willen zum Kampf. Dieser Fähigkeit muss sich alles andere unterordnen.“ Notwendig sei ein „Risiko auf allen Ebenen“, so Schönbach. So brauche es in den Dienststellen an Land Änderungen: „Auch in den Betonkreuzern der Marine muss die Einsatzfähigkeit der Flotte immer der Maßstab sein – auch an Schreibtischen muss vom scharfen Ende her gedacht werden.“ Jeder in der Marine leiste „seinen eigenen wichtigen Beitrag“ zur „Befähigung zum Kampf“. Daraus ergebe sich „auch eine notwendige Risikobereitschaft, die an allen Stellen gelebt werden“ müsse. „Wie der Soldat an Bord bereit sein muss, ins Gefecht zu ziehen, genauso muss auch der Soldat am Schreibtisch offen sein für Konflikte“, so der Marine-Inspekteur. Alle Ebenen müssten bereit sein, „Verantwortung“ zu übernehmen.
„Verantwortung übernehmen“, diese Chiffre für das Ja zum Krieg – zu völkerrechtswidrigen NATO-Interventionen wie in Jugoslawien 1999, zum US-Überfall auf den Irak 2003 oder für den 20 Jahre andauernden Krieg in Afghanistan – wird vom CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet ebenso strapaziert wie vom SPD-Herausforderer Olaf Scholz – und auch von der Grünen-Bewerberin ums Kanzleramt, Annalena Baerbock. Die Berichte über an sich harmlose Zitate aus ihrem gerade erschienenen Buch, die sie andernorts abgeschrieben haben soll, verdecken die eigentlich problematischen Inhalte. Denn auch Baerbock meint, im Umgang mit Russland und China etwa „muss man Stärke haben und zeigen“. Wenn’s am Ende nicht zum Kanzleramt reicht, grüne Verteidigungsministerin kann sie damit allemal werden.