Am 22. Oktober wurde der Entwurf zum Berliner Mietendeckel beschlossen. Bis zu 1,5 Millionen Haushalte könnten davon profitieren, auch wenn er das derzeit sehr hohe Mietenniveau nur einfriert. Mietpreissenkungen sollen frühestens 2020, nur bei „Wuchermieten“ (mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete) und nach Antrag beim Bezirk möglich sein, kommen also möglicherweise für Zahnarzt-Ehepaare in Frage, nicht jedoch für Normalmieter. Die Mietrechtsreform ist dennoch im Sinne der Mieter, weil so die Aufwärtsspirale bei den Berliner Mietpreisen zumindest in den kommenden fünf Jahre gebremst werden könnte. Aber sie steht unter dem Dauerfeuer der Privatwirtschaft und ihrer politischen Vertreter. Wirklich sicher ist noch nichts, zumal das Abgeordnetenhaus erst Ende Februar darüber abstimmen soll.
Grundlage sind die Richtwerte (Quadratmeterpreise) des Mietspiegels von 2013 mit bereits hohem Niveau plus 13,5 Prozent „Inflationsausgleich“. Und natürlich gibt es Ausnahmen. Der Mietendeckel gilt nicht für Neubauten ab 2014 und preisgebundene (Sozial-)Wohnungen. Ab 2022 ist ein weiterer Inflationsaufschlag von 1,3 Prozent pro Jahr erlaubt. Bei Modernisierungen ist eine Mieterhöhung um 1 Euro pro Quadratmeter problemlos, um einen weiteren nach Antrag möglich. Mieten unter 5 Euro pro Quadratmeter dürfen bei Neuvermietung um einen Euro auf maximal 5 Euro erhöht werden. Und Vermieter sollen „Härtefälle“ geltend machen können: Wer nachweist, dass zu geringe Mieteinkünfte dauerhaft Verluste oder die Substanzgefährdung seines Hauses nach sich ziehen, kann mit Zuschüssen des Senats rechnen.
Da ist also viel Wasser im Wein. Fünf Jahre sind schnell vorbei, deshalb wird die Mieterbewegung die Verschärfung und Verlängerung des Deckels fordern müssen.
Dass dagegen der Berliner FDP-Fraktionsvorsitzende via Twitter eine Vermieterin präsentiert, die behauptet, durch den Mietendeckel mit ihren zehn Wohnungen in den sicheren Ruin getrieben zu werden, mag noch als Witz durchgehen. Das gilt auch für das Lamento Kai Warneckes, Präsident von „Haus & Grund“, der Deckel sei nicht nur verfassungswidrig, sondern auch ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, „ein Eingriff in das Menschenrecht Eigentum“. Tatsächlich hat die CDU bereits angekündigt, gegen den Mietendeckel bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen zu wollen. Außerdem laufen mehrere Kampagnen und Massenplakataktionen von Fake-Bürgerinitiativen der Immobilienlobby und der Marketinginitiative der Wohnungsbaugenossenschaften Deutschland, die Mieter verunsichern sollen. Zentrales Argument: Durch den Deckel würde der Bestand verfallen und Wohnungsbau verhindert. Bauwirtschaft und Handwerksinnungen beklagen Auftragsrückgänge.
Bürgermeister Müller (SPD) umriss erst am letzten Samstag die Wohnungspolitik der Koalition mit „Bauen, deckeln, kaufen“. Die Ursache der Wohnraumkrise wird das kaum beheben, auch die Kungelei mit der Immobilienwirtschaft wie beim Kauf von 6 000 Wohnungen im September nicht (siehe UZ vom 11. Oktober). Der Deal für fast 1 Milliarde Euro, so ein Konzernmanager, entspreche der eigenen Wertschöpfungsstrategie.
Doch Immobilien-AGs bauen grundsätzlich nicht. Generell haben die letzten 30 Jahre gezeigt, dass mit einem marktmäßig ausgerichteten Wohnungssektor hinreichender Wohnungsbau illusorisch bleibt: Shopping Malls oder Luxusobjekte schossen wie Pilze aus dem Boden, preiswerte Wohnungen dagegen entstanden nicht. Der Wohnungsneubau der Koalition hinkt selbst eigenen Vorgaben hoffnungslos hinterher. Die Propaganda der Immobilienlobby zu kontern hieße, ein aus Steuermitteln finanziertes öffentliches Wohnungsbauprogramm anzuschieben, sozial und kommunal, und so mittelfristig einen großen öffentlichen Wohnungsbestand zu schaffen, der nicht vermarktet wird und dauerhaft in kommunalem Besitz verbleibt.
Künftige antimonopolistische Forderungen können nicht bei der wichtigen Verschärfung und Verlängerung des Mietendeckels stehenbleiben, sondern müssen darauf zielen, die fünf Jahre Atempause dafür zu nutzen.