Kennen die oben keine Parteien mehr, haben die darunter grünes Licht fürs Pöbeln. Wichtig zur Stabilisierung der Heimatfront bei Aufrüstung und Krieg sind Verbreitung von Hass, rassistische Ausgrenzung in allen ideologischen Einrichtungen, insbesondere kulturellen, das Verbot angeblicher Feindsymbole und das Schweigen über Faschisten und ihre Verbrechen. Aber vor allem Mobilisierung: Von „Frieren für die Ukraine“ bis „Sind Russen wie Putin überhaupt Menschen?“
Die jeweilige Tageslosung in deutschen Medien gibt inzwischen die Kiewer Regierung vor. Sie arbeitet seit 2014 mit und unter Kontrolle von Faschisten, gegenwärtig fördert sie landesweit Lynchjustiz. Wer nicht auf Aufforderung den beim ukrainischen Militär offiziellen und beim Staat vom Präsidenten täglich wiederholten Faschistenruf „Ruhm der Ukraine! Ruhm den Helden!“ von sich gibt, wird an Kiewer Checkpoints regelmäßig verdroschen oder nackt an einen Baum gebunden. Im Land der 40 Bandera-Denkmäler ist „Blut-und-Boden“-Nationalismus seit dem Putsch 2014 Staatsreligion. Das Echo hierzulande auf die dortige Gewalt nach innen ist noch „ausgewogen“, der Ton kann aber nach Belieben verschärft werden. So stellt der Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, in den Montagszeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland fest: „Es gibt Straftaten sowohl gegen russischstämmige als auch gegen ukrainischstämmige Mitglieder unserer Gesellschaft. Wir zählen momentan gut 200 solcher Straftaten in der Woche – davon ist die Mehrzahl anti-russisch motiviert.“ Wer hätte Letzteres gedacht? Münch zählt auf: Beleidigungen, Bedrohungen, körperliche Übergriffe und Sachbeschädigungen wie „Farbschmierereien mit entsprechendem Inhalt“. Klingt eher harmlos. Nicht so dies: In Berlin-Kreuzberg wurden auf einem U-Bahnhof am Samstagabend zwei russischsprachige Männer aus einer Gruppe heraus beleidigt. Ein Angreifer stach dem einen mit einem Messer in den Brustkorb, die Täter entkamen.
Den Taktstock schwingt in Berlin der Botschafter Kiews, Andrej Melnik. Den 1975 im damals sowjetischen Lwow Geborenen haben seine Eltern laut einem Melnik-Porträt im „Spiegel“ nach dem gleichnamigen Anführer einer Abspaltung von der Organisation Ukrainischer Nationalisten und Nazikollaborateur im Zweiten Weltkrieg benannt. Der Botschafter macht seinem Namenspatron alle Ehre: Kurz nach seiner Berufung zum Botschafter twitterte er 2015 sein ehrendes Gedenken für den Faschistenführer Stepan Bandera an dessen Grab in München. Im vergangenen Jahr fiel Melnik auf, als er Atomwaffen für die Ukraine forderte. Er ist zwar nicht Regierungschef, aber so etwas wie der Oberwächter über korrekte Behandlung seiner heimatlichen Nazis. Jüngst verlangte er daher von der „Zeit“, sie solle keine russische Propaganda über das Naziregiment „Asow“, das zahlreiche ausländische Söldner angezogen hat, verbreiten. Diese „mutigen Kämpfer“ verteidigten „ihre Heimat“.
Melnik genießt in Berlin gewissermaßen doppelte Immunität: Als Diplomat und als Repräsentant der Bandera-Melnik-Ideologie. Die will er auch im Bundespräsidialamt unverfälscht haben. Weil im Amtssitz Frank-Walter Steinmeiers am Samstag bei einem Solidaritätskonzert der Berliner Philharmoniker mit der Ukraine ausschließlich russische Solisten spielten, nannte er das einen „Affront“ und griff Steinmeier persönlich an. Der kuschte und ratifizierte in seiner Rede die ideologische Hegemonie des Banderismus in der Bundesrepublik. Die Steinmeier-Formel dafür lautete: „Es kommen auch auf uns in Deutschland härtere Tage zu.“ Er sollte Melnik im Schloss Bellevue schon einmal einige Amtsräume zur Verfügung stellen. Dann gibt es keine Pannen mehr.