Am Sonntag hatte die Nachricht sogar DPA erreicht: „Das Auswärtige Amt will eine Instrumentalisierung der Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren verhindern. Das Außenamt gab eine Handreichung heraus, mit der laut ‚Berliner Zeitung‘ Landkreisen und Kommunen empfohlen wird, keine Einladungen an russische oder belarussische Diplomaten auszusprechen und notfalls sogar ungebetene Gäste wieder wegzuschicken. Auf Anfrage der DPA äußerte sich das Ministerium nicht zu dem Bericht.“
Bis dahin hatten die „Märkische Oderzeitung“ aus Frankfurt an der Oder, die Zeitschrift „Ossietzky“, „junge Welt“ und UZ über die „Empfehlung“ des Baerbock-Ministeriums berichtet. Die „Berliner Zeitung“ widmete dem Vorgang am 5. und 11. April ausführliche Artikel und ließ schließlich am 12. April den russischen Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, zu Wort kommen.

Den Landrat von Märkisch-Oderland, Gernot Schmidt (SPD), gab die Zeitung so wieder: „Das sind Kriegsgräberstätten, wo Aserbaidschaner, Armenier, Russen, Ukrainer liegen.“ Er habe die Eskalation geahnt, „die Katastrophe, den Super-GAU“. Nach der Amtszeit von Angela Merkel sei die Diplomatie ausgesetzt worden. Der parteilose Bürgermeister der Kreisstadt Seelow, Robert Nitz, fragte demnach: „Wer hat uns denn damals den Arsch gerettet?“ Netschajew nannte die Handreichung „eine bittere Enttäuschung“. Und machte einen weiteren Skandal öffentlich: Vor Kurzem sei mitgeteilt worden, dass Russland und Belarus „das Benennungsrecht für das Kuratorium der deutschen Stiftung ‚Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘ – eines weiteren Symbols der Nachkriegsaussöhnung – verweigert wurde“.
Die DPA berichtete zudem, dass die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten – zu der die Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück gehören – nach eigenen Angaben plane, Vertreter der Botschaften Russlands und der Republik Belarus von den Gedenkveranstaltungen auszuladen. Dafür wird in Ravensbrück laut einem Bericht von „taz.de“ am Sonntag die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur, Claudia Roth (Grüne), am 4. Mai eine Rede halten. Offenbar russenfrei. Baerbock und Roth erfüllen so das Vermächtnis von Baerbocks Großvater. Dessen Vergangenheit als – laut Wehrmachtsakten – „bedingungsloser Nationalsozialist“ wurde 2024 öffentlich. Baerbock kann nichts für ihre Vorfahren, sie setzt lediglich deren Politik fort. Den erst 2016 verstorbenen, aber 1945 noch an der Oder kämpfenden Durchhalte-Opa hatte sie zudem im Bundestagswahlkampf 2021 medienwirksam instrumentalisiert. Von den Akten, die seine Nazivergangenheit dokumentieren, wusste sie angeblich nichts. Da ist der 8. Mai ohne Russen eine Leichtigkeit.
Das Vorgehen gegen ostdeutsche Kommunen folgt zudem AfD-Vorgaben. Beispiel: Am 27. März beantragte die BSW-Fraktion im Brandenburger Landtag, zu prüfen, ob der 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus wie in Berlin im Fünfjahresrhythmus gesetzlicher Feiertag werden könne, beginnend 2030. Der AfD-Landtagsabgeordnete Dominik Kaufner, ein aus Bayern stammender Geschichtslehrer, bezeichnete laut „Neues Deutschland“ die Rede von der Befreiung durch die Rote Armee, der „ewiger Dank“ gebühre, als „stalinistische Geschichtsumdeutung“. Im abgelehnten AfD-Gegenantrag hieß es dann, „von einem achtzigjährigen Jubiläum der ‚Befreiung‘ zu sprechen“, sei „im Hinblick auf die unmittelbar vor und auch nach der Niederlage begangenen Kriegsverbrechen der Roten Armee unangemessen und geschichtsvergessen“. Dazu gehörten insbesondere „die Vertreibung und die Zwangsumsiedlung von 15 Millionen Deutschen“ sowie „die Massenvergewaltigung und die Ermordung von Frauen und Kindern“. Die AfD forderte die Landesregierung auf, „in öffentlichen Verlautbarungen den Begriff ‚Tag der Befreiung‘ zu unterlassen“. Die Empfehlung des Baerbock-Ministeriums entspricht dem auf Punkt und Komma.