KP bleibt „Nationalem Dialog“ fern

Austerität und Unterdrückung im Sudan

Von Georges Hallermayer

Die Republik Sudan kommt nicht zur Ruhe. Die Ökonomie und die öffentliche Verwaltung hat kaum die Abtrennung des ölreichen Südens im Jahre 2011 verarbeitet – Millionen von Arbeitskräften waren in den Süden umgezogen –, schon galt es das geschrumpfte Land zu befrieden. Der andauernde Bürgerkrieg in Süd-Sudan verhinderte bis heute, dass die auf 5 Millionen geschätzten Binnenflüchtlinge wieder in den Süden zurückkehren konnten. Konflikte zwischen wandernden Viehzüchtern und Ackerbauern wie in Darfour oder christlich motiviertes Aufbegehren gegen die islamischen Herrschaften wie im Osten des Landes sind noch nicht überwunden. Die offiziell mit der Vermittlung betraute Afrikanische Union hat im August dieses Jahres den verschiedenen Bewegungen und Oppositionskräften eine „Peace-roadmap“ aufgedrückt; im „Nationalen Dialog“ sollen eine neue Verfassung ausgearbeitet, die staatliche Verwaltungsstruktur reformiert und die Macht des Geheimdienstes NISS eingedampft werden. Allerdings wies die Regierung bislang jegliche Vorschläge dieser Art zurück.

Die Sudanesische Kommunistische Partei (SCP) hat auf ihrem 7. Kongress beschlossen, diesem Dialog fernzubleiben, weil es keine Garantien gebe, „die Forderungen des Dialogs auch zu verwirklichen, eine friedliche Machtübertragung und eine demokratische Transformation eingeschlossen“.

Bereits im Mai brachte die Regierung Studentenproteste gegen die Privatisierung der Universität von Khartum brutal zum Schweigen, zwei Studenten wurden auf Demos erschossen. Anschließend verwies man 17 Studenten von der Uni, acht von ihnen wurden vom Geheimdienst verhaftet und 40 Tage ohne Kontakt zu Anwalt und Familie in „Untersuchungshaft“ genommen. Erst nach Protesten ließ man sie Ende Juli frei – ein offensichtlicher Verstoß gegen die Übergangsverfassung von 2010.

Die offizielle Arbeitslosenquote lag im Sudan 2015 bei 21,6 Prozent – wie in Südafrika ist die Hälfte der jungen Leute ohne Job – und die Inflationsrate sank zwar von 16,9 Prozent 2015 auf 13 Prozent 2016, ist aber dennoch schmerzlich hoch. Dazu kommt der Kursverfall des Sudanesischen Pfundes auf dem Schwarzmarkt. Auch wenn das Bruttosozialprodukt 2015 um 3 Prozent gewachsen ist, fürs Jahr 2016 3,7 Prozent und 2017 4 Prozent erwartet werden, leidet die Wirtschaft unter dem Verfall der Rohstoffpreise, insbesondere des Ölpreises. Die Abhängigkeit der sudanesischen Ökonomie von China ist deutlich: Der Export geht zu 70,4 Prozent nach China (Erdöl) und von dort werden 21,7 Prozent des Gesamtimports bezogen.

Entsprechend den Empfehlungen der Weltbank setzt die Regierung von Präsident al-Bashir auf eine „neue Wirtschaftspolitik“ – die so neu nicht ist –, um zumindest offiziell die Inflation und den Fall des Währungskurses zu bekämpfen. Dazu werden die Preissubventionen für Strom, Diesel und Medikamente gestrichen, was schon im September 2013 eine Welle von Massendemonstrationen provozierte und etwa 200 Menschen das Leben kostete. Inwieweit die Finanzierung der zwei geplanten und von China zu errichtenden 600-Megawatt-Atomkraftwerke mit dieser Austeritätspolitik zusammenhängt, lässt sich nicht sagen. „Radio Tamazuj“ meldete am 7. November jedenfalls drastische Preiserhöhungen für Waren und Diesel (fast 50 Prozent) im Bundesstaat Süd-Kurdufan. Der Radiosender berichtet auch, dass bei Kaduqli 3 000 Soldaten zusammengezogen wurden und diese Kräfte noch verstärkt werden.

Der Widerstand gegen diese unsozialen Maßnahmen soll also offensichtlich militärisch niedergeschlagen werden. Innenminister al-Abdin sagte jedenfalls, er sei „bereit für die schlimmsten Szenarien.“

Am 3. November meldete der Fernseh- und Radiosender „dabanga“ die Verhaftung und Folterung des Politischen Sekretärs der SCP, Masood Mohamed Hassan, und eines Mitglieds des Politbüros, Muhi al-Din Al-Jallad, durch den Geheimdienst NISS. Neun Funktionäre der Sudanesischen Kongresspartei wurden ebenfalls verhaftet. Die Partei drohte damit, sich aus dem „Nationalen Dialog“ zurückzuziehen. Die Sudanesische Kommunistische Partei rief – wie auch andere Oppositionsparteien – zum zivilen Ungehorsam gegen die repressive Austeritätspolitik auf. In einem von der Tageszeitung „Sudan Tribune“ am 9. November veröffentlichen Statement wird die Eskalation verschiedener Formen des täglichen Widerstands angekündigt, die einzige Lösung sei die Absetzung der Regierung. Für die oppositionelle „United People’s Front for Liberation and Justice“ ist „die Zeit für die Revolution gekommen“.

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"Austerität und Unterdrückung im Sudan", UZ vom 18. November 2016



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