Sozialismus und Markt schließen einander nicht aus, meint Reiner Kotulla

Ausnutzung der Marktbeziehungen unerlässlich

Reiner Kotulla

Es ist richtig, dass sich der 25. Parteitag der DKP mit der Entwicklung der chinesischen Volksrepublik beschäftigt. Vergessen werden darf dabei nicht die historische Entfaltung des Sozialismus in diesem Land.

Nach den Fehlern der Kulturrevolution, deren größter Irrtum darin bestand anzunehmen, dass der ideologische Überbau die materielle Basis bestimmt, geht die Kommunistische Partei Chinas nun einen neuen Weg. Sie erkennt, dass der Sozialismus eine lang andauernde eigenständige Gesellschaftsformation ist, die durch die Diktatur des Proletariats im Bündnis mit anderen werktätigen Klassen gekennzeichnet ist.

Nach dem Grundsatz, dass das Neue im Alten heranwächst, das Alte im Neuen aber nicht unmittelbar nach der sozialistischen Revolution abstirbt, bleibt der Markt, der ja keine kapitalistische Erfindung ist, auch im Sozialismus Bestandteil ökonomischen Handelns. Auch eine sozialistische Wirtschaft wird ohne marktwirtschaftliche Größen und Regulierungen, nicht auskommen, erkannte schon Josef Stalin: „Die NÖP ist die Politik der proletarischen Diktatur, die gerichtet ist auf die Überwindung der kapitalistischen Elemente und den Aufbau der sozialistischen Wirtschaft durch Ausnutzung des Marktes, vermittels des Marktes, nicht aber durch direkten Produktenaustausch, ohne Markt, unter Ausschluss des Marktes. Können die kapitalistischen Länder, zumindest die entwickeltesten von ihnen, beim Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus ohne die NÖP auskommen? Ich denke, sie können das nicht. In diesem oder jenem Grade ist die Neue Ökonomische Politik mit ihren Marktbeziehungen und der Ausnutzung dieser Marktbeziehungen in der Periode der Diktatur des Proletariats für jedes kapitalistische Land absolut unerlässlich.“

Und im Programm der KP Chinas heißt es dazu:
„Das Festhalten an der Reform und Öffnung ist unser Weg zur Stärkung des Landes. Wir müssen das Wirtschaftssystem, das die Entwicklung der Produktivkräfte behindert, von Grund auf reformieren und an dem sozialistischen Marktwirtschaftssystem festhalten und es vervollständigen.“

Betrachten wir Chinas Weg zum Sozialismus aus der Entfernung und hoffen, dass es der KPCh gelingen möge, den kapitalistischen Tiger auf Dauer bändigen zu können.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Ausnutzung der Marktbeziehungen unerlässlich", UZ vom 23. Dezember 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit