Beim letzten Kommunalpolitischen Ratschlag der UZ-Redaktion im Oktober wurden Ansprüche der DKP beim Neubau von Wohnungen in den Städten diskutiert. Im hessischen Maintal ist die Errichtung eines Wohngebietes mit knapp 300 Wohneinheiten auf einem ehemaligen Real-Gelände vorgesehen. Ein Investor hatte dazu eine Planung vorgelegt, die eine massive Bebauung des Areals beinhaltete. Die Vorbereitung dieses Projektes läuft aber deutlich anders ab als andere in der Vergangenheit. Darüber sprachen wir mit Klaus Seibert, Mitglied der DKP und Stadtverordneter der Wahlalternative Maintal – Soziale Gerechtigkeit (WAM).
UZ: Wie brisant ist die Situation auf dem Wohnungsmarkt in Maintal?
Klaus Seibert: Maintal mit seinen 40.000 Einwohnern liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu Frankfurt. Aufgrund dieser Lage sind wir von den Gegebenheiten der Metropole sehr abhängig. Dort ist die Immobilienspekulation sogar weltweit mit am heftigsten. Das zerrt auch bei uns die Mieten in die Höhe.
UZ: Gab es schon in der Vergangenheit Gegenwehr gegen diese Entwicklung?
Klaus Seibert: Wohnen und Mieten waren und sind in unserer Stadt immer ein Thema. Zuerst waren wir in den Gewerkschaften aktiv. Um den Forderungen weiteres Gewicht zu verschaffen, gründeten wir zusammen mit anderen 2006 die WAM. Erste Erfolge kamen mit der Einführung einer 30-Prozent-Regelung hinsichtlich Sozialwohnungen bei neuer Wohnbebauung, allerdings durch die Grünen auf ausschließliche Geschossbauten verwässert. Später wurde eine eigene städtische Wohnungsbaugesellschaft gegründet, um zumindest ein wenig die Situation abzumildern. Beides kam durch unsere Anregung und Beharrlichkeit auf den Weg.
UZ: Welche Fehler sind bei der Entwicklung von Neubaugebieten in eurer Stadt in der Vergangenheit gemacht worden?
Klaus Seibert: Man hat fast 20 Jahre lang nur zugesehen, wie zwei Drittel der Sozialwohnungen vom Markt verschwanden, und nur Reihen- und Einfamilienhäuser gebaut. Das wurde alles den „Investoren“, ich sage lieber Spekulanten, überlassen. Ein weiterer Missstand war, dass bisher eine ganzheitliche Betrachtung nicht stattfand.
UZ: Was heißt das konkret?
Klaus Seibert: Es wurden immer nur die reinen Wohngebäude in den Planungen berücksichtigt. Wenn es gut lief, kam noch eine Kita hinzu. Außen vor blieben fast immer so wichtige Belange wie Nahversorgung, Umwelt- und Klima, Verkehr, Freizeitmöglichkeiten, Nachbarschaftstreffpunkte und andere Gemeinschaftseinrichtungen.
UZ: Kannst du dafür Beispiele nennen?
Klaus Seibert: Beispiel Klima. Wenn man die hochgeschossigen Wohnblocks so bauen will, dass man nicht berücksichtigt, dass dadurch die Hauptrichtung der Frischluftzufuhr abgeriegelt wird, dann hat man Hitzestaus programmiert. Ein weiterer in der ursprünglichen Planung nur absolut unzureichend betrachteter Umstand ist, wie man dafür sorgt, dass die Bodenversiegelung möglichst reduziert wird, dass ausreichende Versickerungs- und Grünflächen vorgesehen werden. Werden dabei Wasserflächen mit eingeplant? Wie sieht es mit Treffpunkten und auch Freizeitangeboten für die zukünftigen Bewohner aus und wie ist die grundlegende Nahversorgung mit Lebensmitteln und Alltagsgegenständen gesichert? Wenn man die Bebauung an zwei Hauptverkehrsadern der Stadt errichtet, muss man sich auch Gedanken machen, wie der Verkehr insgesamt, auch mit der weiteren städtischen Umgebung, organisiert werden kann.
UZ: Und was läuft nun anders?
Klaus Seibert: Zuerst einmal ging es darum, eine Stimmung in der Stadt zu erzeugen, die Bauvorhaben kritisch hinterfragt. Dabei ist festzustellen, dass sich mittlerweile auch die anderen Fraktionen des Themas angenommen haben, wenn auch mit manchen Widersprüchen.
UZ: Was hat die Herangehensweise verändert?
Klaus Seibert: Das absolut Erfreuliche ist, dass sich mittlerweile die von Bau- und Planungsvorhaben betroffenen Nachbarschaften aktiv und mit erheblichem Nachdruck in die Prozesse selbst mit einbringen. Im Falle des eingangs beschriebenen Real-Geländes mit einem direkten Gegenentwurf zu dem vorgesehenen Plan des Investors und dies mit einer Professionalität und Komplexität, die auch uns überrascht hat. Der Zuspruch in der Nachbarschaft hat gezeigt, dass ein sehr großes Interesse daran besteht, die ausgetretenen Pfade des monotonen Bauens zu verlassen und etwas auf die Beine zu stellen, das wirklich den Anforderungen der Zukunft gerecht wird.
UZ: Welche Möglichkeiten hatte die WAM-Fraktion, sich in diesen Prozess einzubringen? Wie sind eure Positionen in die nun vorliegende Planung eingeflossen?
Klaus Seibert: Wir haben von Anfang an eine andere Herangehensweise an den Wohnungsbau in unserer Stadt aufgezeigt. Ein wenig dürften wir damit auch zur Aktivierung von Anwohnern und zum Nachdenken bei den anderen Fraktionen beigetragen haben. Wir sind ständig mit den Betroffenen in Kontakt und unsere Meinung wird immer wieder nachgefragt. Vorschläge von uns werden mit eingebracht und es wird auch weiterhin ein regelmäßiger Austausch stattfinden. Zugleich stellen wir Öffentlichkeit für die Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger her und setzen uns dafür im Stadtparlament ein.
UZ: Träger des Neubaus wird, Stand heute, ein privater „Investor“ werden. Konnte in Maintal nicht der Bau durch eine kommunale Wohnbaugesellschaft durchgesetzt werden, damit der Wohnraum auch für die Mieter bezahlbar wird?
Klaus Seibert: Wir können im Moment noch nicht absehen, wie es genau weitergehen wird. Auf jeden Fall sind die 30 Prozent sozialer Wohnungsbau fest. Am liebsten wäre für uns natürlich die städtische Immobiliengesellschaft MIG der ideale Partner. Doch da stellen die klammen kommunalen Kassen ein nicht unerhebliches Problem dar. Aber auch in dieser Frage werden wir weiter am Ball bleiben.