Jeder dritte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Ostdeutschland arbeitet trotz Vollzeitbeschäftigung im Niedriglohnsektor. Das geht aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Demnach gibt es in Ostdeutschland mehr als 1,2 Millionen in Vollzeit Beschäftigte, die ihre Arbeitskraft für weniger als 2 203 Euro brutto im Monat verkaufen müssen. Das entspricht einem Anteil von 32,1 Prozent aller ostdeutschen Lohnabhängigen. Im Vergleich dazu liegt der Anteil der Niedriglohnempfänger in Vollzeitjobs in den westdeutschen Bundesländern bei 16,5 Prozent.
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie nach der sogenannten „Wende“ auf dem Gebiet der ehemaligen DDR eine „Sonderwirtschaftszone Ost“ errichtet wurde. Helmut Kohl versprach damals blühende Landschaften. Bei der Betrachtung des Wildwuchses auf den Industriebrachen der ehemaligen Kombinate und volkseigenen Betrieben hat der Altkanzler auf zynische Weise Wort gehalten. Bei den Industriebetrieben, die den Kahlschlag durch die Treuhand überstanden, handelt es sich meist um „verlängerte Werkbänke“ westlicher Konzerne. Die unternehmerischen Entscheidungen bis hin zu Werksschließungen und Entlassungen dort werden längst in Stuttgart, München oder Frankfurt/Main gefällt.
Generell gilt in Ostdeutschland: Es wird länger gearbeitet als im Westen und für weniger Lohn. Tarifverträge sind zwischen Oder und Neiße fast so exotisch wie Schneeflocken im August. So sind in Thüringen gerade noch 12 Prozent der Betriebe in der Tarifbindung. Das ist der soziale Nährboden auf dem es der AfD gelingt, Wahlergebnisse wie zuletzt in Sachsen und Brandenburg einzufahren.
Der DGB startet eine Internetkampagne, die sich nicht an den bekannten gewerkschaftlichen Wahlprüfsteinen orientiert. Die Menschen sollen in ihrer berechtigten Wut abgeholt und ihnen ein Gegenentwurf zu den rassistischen Scheinlösungen der AfD vorgeschlagen werden. Der Grundgedanke ist, dass die eigene soziale Lage nicht durch ein Kreuz bei den Rechtspopulisten verbessert wird. Die Alternative ist, sich zu organisieren und solidarisch für die eigenen Interessen zu kämpfen.
Die zentrale Botschaft ist, auf die eigene Kraft zu bauen und in den Gewerkschaften für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu kämpfen.