Am Montag haben erste Demos in Berlin und Leipzig stattgefunden

Auftakt in den heißen Herbst

Rund 5.000 Menschen in Leipzig und 1.000 Menschen in Berlin nahmen vergangenen Montag an den ersten Kundgebungen gegen Preisteuerungen und Verarmung teil. Nach Leipzig hatte die Partei „Die Linke“ geladen. Sören Pellmann, Linken-Bundestagsabgeordneter aus Leipzig, sprach von einer „Auftaktkundgebung für den heißen Herbst“. In Berlin hatte ein linkes Bündnis zu Protesten vor der Parteizentrale von Bündnis 90/ Die Grünen aufgerufen. Unter dem Motto „Genug ist genug – Protestieren, statt frieren. Heizung, Brot und Frieden“ sprachen sich die Rednerinnen und Redner für eine eine gesetzliche Deckelung von Gas- und Strompreisen, die Abschaffung der Gasumlage und die Vergesellschaftung der Energiewirtschaft aus und forderten ein Ende des Wirtschaftskrieges gegen Russland. „Nicht wir müssen uns warm anziehen, sondern die Damen und Herren in der Regierung, die uns erzählen, dass wir für ihre falsche Politik frieren sollen“, sagte der Berliner Kundgebungsanmelder Uwe Hiksch von den Naturfreunden Deutschland. An beiden Aktionen beteiligten sich DKP und SDAJ, in Leipzig mit einem eigenen Block.

Dort sagte am Montag die Ko-Vorsitzende der Linke-Bundestagsfraktion, Amira Mohamed Ali, sie demonstriere heute dafür, dass das „ganz normale Leben bezahlbar bleibt“. Angelika Teweleit von der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften, sagte in Berlin, mit den beschlossenen Entlastungspaketen wolle die Bundesregierung die Bevölkerung verschaukeln. Die Regierung sei nicht gewillt, wirklich etwas im Interesse der Bevölkerung zu unternehmen, da sie lieber die Profite der Konzerne schütze. Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen forderte, die Gasumlage sofort zu streichen. Jetzt müsse man stattdessen gegen die Armut tun, von denen Millionen Beschäftigte in allen Branchen bedroht seien. Ein Vertreter von „Deutsche Wohnen enteignen“ verwies darauf, dass die Gasumlage jetzt schon zu einer Umverteilung von rund 30 Milliarden Euro von unten nach oben geführt habe.

Dagdelen und Teweleit hatten zuvor auf dem 21. UZ-Pressefest mit Wolfgang Gehrke von Frieden-Links, Nick Amoozegar von Linksjugend-solid und DKP-Vorsitzenden Patrik Köbele über die linken Perspektiven eines heißen Herbstes diskutiert. Dagdelen fasste dort den Konsens der Diskutanten zusammen: es brodele in der Gesellschaft, linke Kräfte müssten jetzt der Ansprechpartner der Massen sein. Dies gelinge nur, wenn man jetzt durch einen Minimalkonsens eine Bewegung schaffe.

Der Linke-Vorsitzende Martin Schirdewan richtete sich an die Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Leipzig, sie sollten sich nicht einreden lassen, sie würden „die Gesellschaft spalten“ oder „die Demokratie gefährden“. Auf mitgebrachten Schildern konnte man Losungen lesen, wie „NATO raus aus der Ukraine“ oder „Wir frieren nicht für eure Profite“. In der Bundeshauptstadt sagte Ferhat Kocak, Linken-Abgeordneter im Berliner Senat: „Hier ist kein Platz für Nazis“ und verwies darauf, dass es jetzt darauf ankäme die Systemfrage zu stellen. Harry Grünberg, Bundesvorstandsmitglied der Bewegung „Aufstehen“, mahnte in Berlin an, dass eine soziale Protestbewegung offen bleiben müsse. In Leipzig freute sich derweil Gregor Gysi, dass die Partei „Die Linke“ „endlich wieder in der Lage“ sei, solche Veranstaltungen zu organisieren.

Am Rande der Kundgebung in Berlin hielten Antifaschistinnen und Antifaschisten eine Gruppe von Anhängern der Partei „Die Basis“ und der Gruppe „Freie Linke“, die mehrfach gemeinsam mit Neonazis demonstriert hatte, davon ab, an der Kundgebung teilzunehmen. In Leipzig beteiligten sich etwa 500 Personen parallel zu der linken Kundgebung an einer von der rechten Gruppe „Freie Sachsen“ angemeldeten Versammlung, die die Behörden in direkter Nachbarschaft genehmigt hatten.

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