Osteraktionen gegen den Krieg

Aufstehen für den Frieden!

Am 20. März und an den Osterfeiertagen fanden überall im Land – in mehr als 80 Städten und Gemeinden, vor Bundeswehr- und NATO-Standorten – Aktionen der Friedensbewegung statt. Wir dokumentieren Auszüge aus einigen der vielen wichtigen Redebeiträge.

Reiner Braun in Duisburg

„NATO ist:

• Fast eine Milliarde an Rüstungsausgaben

• NATO sind Atomwaffen und ihre Modernisierung

• NATO ist Drohnenkrieg

• NATO ist selbsternannte Interventionen, überall da wo westliche geostrategische Interessen bedroht scheinen

• NATO ist Konfrontation und Feindschaft zu Russland. und Ausdehnung bis an die Grenzen Russlands, bei Missachtung aller historischen Erfahrungen und Erfolgen der Entspannungspolitik

• NATO ist innere Militarisierung

• NATO und dabei besonders die USA betreiben fast 200 Militärbasen überall in der Welt. Eine in unserem Land muss besonders hervorgehoben werden, Ramstein.

Kein Drohneneinsatz ohne Ramstein. Tausende von Einsatzbefehlen aus der Luft, wo auch immer, sind mit Ramstein verbunden. US-Interventionskriege werden von Ramstein aus gesteuert und die Truppen über Ramstein überall hingeschickt. Deshalb ist Protest mehr als notwendig. Alle, die dieses Jahr bei den Ostermärschen sind und viele mehr, sollten deshalb am 11. Juni bei der Menschenkette von Kaiserslautern nach Ramstein dabei sein.“

Reiner Braun ist Geschäftsführer der IALANA

Lühr Henken in Oldenburg

(…) die NATO-Staaten halten an der Einkreisungspolitik gegen Russland fest. Allen voran die USA: Bis 2020 wollen sie eine weltweite militärische Überlegenheit auf allen Gebieten erreichen. Das bedeutet „Full Spectrum Dominance“ auf dem Land, in der Luft, auf und unter Wasser, im Weltraum und im Cyberspace. Am Raketenabwehrschirm in Europa arbeiten sie weiter. Für die Erneuerung ihrer Atomwaffen wollen die USA in den nächsten 30 Jahren 1 000 Milliarden Dollar aufwenden. Und es soll ein US-Luftangriff binnen einer Stunde an jedem Ort der Erde möglich werden. „Prompt Global Strike“ wird das genannt. Kampfdrohnen sollen Kampfflugzeuge und Kampfhelikopter ablösen.

Dabei ist es heute so, dass die NATO fast viermal so viele Soldaten wie Russland aufgestellt hat, fast das Zehnfache fürs Militär ausgibt und im konventionellen Rüstungsbereich Russland gegenüber weit überlegen ist. Ein russischer Angriff auf die NATO ist angesichts dessen absurd. Zumal die russische Regierung vor zwei Wochen angekündigt hat, ihre Militärausgaben um fünf Prozent senken und die Ausgaben für neue Waffen um zehn Prozent kürzen zu wollen. Trotzdem baut die NATO eine superschnelle Eingreiftruppe auf, führt ein Manöver nach dem anderen in russischer Grenznähe durch, simuliert dabei Atombombenabwürfe, und schafft Panzer und Munition nach Europa. Die USA und die NATO erhöhen die Spannungen.

(…) Und was macht die Bundesregierung? Kanzlerin Merkel stimmte beim letzten NATO-Gipfel vor anderthalb Jahren in Wales zu, dass auch Deutschland binnen zehn Jahren, also bis 2024, seine Militärausgaben auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts anheben will. Was sind zwei Prozent? Klingt erstmal wenig, ist aber viel. Im Moment sind es 1,2 Prozent. Das sind nach NATO-Kriterien 35 Milliarden Euro. Wenn sich die Planung durchsetzt, würden für die Bundeswehr 2024 58 Milliarden Euro ausgegeben werden. Das ist wahrlich eine neue Dimension. Wie kommen solche Signale in Russland an? Klingt das etwa nach Entspannung und Kooperation? Nein, es klingt im Gegenteil nach Konfrontation. Die Bundesregierung sollte sich an den Ausgabenkürzungen der Russen ein Beispiel nehmen.

Aber, was hören wir im Januar von Frau von der Leyen? Sie kündigte an, für neue Waffen und Ausrüstungen der Bundeswehr bis 2030 insgesamt 130 Milliarden Euro ausgeben zu wollen. (…) Und obendrein will von der Leyen mehr Bundeswehrsoldaten. Von 10 000 zusätzlich ist die Rede – immerhin über acht Prozent mehr als jetzt.

Also noch mehr Auslandseinsätze, noch intensivere, noch gewalttätigere Einsätze, mehr deutsche Kriegsbeteiligung und das alles in noch weiter entfernten Regionen?

(…) Wo die Bundeswehr nicht hin will oder noch nicht hin kann, weil etwa Ausrüstung oder das Durchhaltevermögen fehlen, wird ausgebildet und/oder werden dorthin Waffen geliefert. Kanzlerin Merkel hat das einmal bagatellisierend Ertüchtigung genannt.

Lühr Henken ist Co-Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag.

Werner Ruf in Erlangen

„Was wir heute erleben, sind die Folgen der imperialistischen Aufteilung des Nahen Ostens nach dem Ende des 1. Weltkriegs. Damals wurden Grenzen willkürlich durch die ganze Region gezogen. Entscheidend waren nicht die Völker, die dort lebten, sondern die Ölvorkommen. Sie bestimmten die Grenzziehung zwischen britischen und französischen Interessen. Auf der Konferenz in Sèvres, wo unter den Siegermächten des 1. Weltkriegs das Osmanische Reich aufgeteilt wurde, wurden willkürlich Staaten geschaffen, die heute vom Zerfall bedroht sind. Auf dieser Konferenz wurden Probleme geschaffen, die bis heute ungelöst sind wie der Konflikt Israel-Palästina oder die Kurdenfrage. Und wie willkürlich, nach kolo-

nialen Interessen, „Staaten“ geschaffen wurden, so hat der Westen während des vergangenen Jahrhunderts Kriege durch Stellvertreter führen lassen, hat demokratische Regierungen mit Hilfe der CIA weggeputscht wie 1953 die Regierung Mossadeq im Iran und durch willfährige Diktatoren wie den Schah von Persien ersetzt. Diese unsägliche Tradition wird bis heute fortgesetzt, indem man wahlweise „böse“ Mächte identifiziert, „gute“ Mächte unterstützt. In einer Region, in der anderthalb Jahrtausende Menschen unterschiedlichster Konfession friedlich zusammen lebten: Christliche Gemeinden – allein in Syrien sind es etwa anderthalb Dutzend – Juden, Zoroastrier, Jeziden, Bahai usw. usw. In dieser Region hat man nun die Konfession als neues Identitätskonzept entwickelt und glaubt, wenn man die Sunniten unter Führung der abartigen Variante der dortigen Staatsreligion, des saudischen Wahabismus, gegen die Schiiten kämpfen lässt, könne man die so genannte Schiitische Achse – Iran-Syrien-libanesische Hizbollah – zerstören.“

Werner Ruf ist emeritierter Professor der Uni Kassel

Wiltrud Rösch-Metzler in Frankfurt am Ostermontag

„Obwohl alle Parteien im Bundestag die Bundesregierung aufgefordert haben, auf den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland hinzuwirken, sollen die 20 noch im Hunsrück verbliebenen Atomwaffen bald gegen neue B 61–12 Atombomben ausgetauscht werden. Auch Frankreich, Großbritannien und vermutlich auch Russland und China planen Modernisierungen. Und wenn in dieser Woche in Washington der Atom-Sicherheitsgipfel stattfindet, geht es dort leider nur um die wichtige Frage, wie Nuklear-Terrorismus verhindert werden kann, nicht aber um das grundsätzliche Problem, wie Atomwaffen endlich abgeschafft werden können. Auf Atomwaffen zu verzichten ist möglich. Das zeigt das Beispiel Südafrika, das freiwillig sein Atomwaffenprogramm einstellte oder das Beispiel Ukraine, Weißrussland und Kasach-

stan, die ihre Atomwaffen an Russland abgegeben haben. Lasst uns das auch in Deutschland tun. Geben wir endlich die Atomwaffen aus Büchel zurück in die USA!“

„Auch die Bundesregierung ist selber zum „Händler des Todes“ geworden, indem sie Waffen an die Peschmerga-Miliz im Nordirak liefert. Sie hat dazu die Zustimmung der irakischen Regierung eingeholt und die Bestätigung der kurdischen Autonomieregierung, dass die Waffen letztendlich wirklich bei ihnen verbleiben. War anfangs der Grund für diese Waffenlieferung die Rettung der Jeziden, ist daraus mittlerweile eine stabile deutsch-kurdische militärische Zusammenarbeit geworden, bei der nun auch die Bundeswehr mitwirkt. Mit einer humanitären Begründung wurde der Tabubruch Waffenlieferung an eine Miliz durchgesetzt. Durch Waffenlieferungen wird man zur Kriegspartei, die eine Seite unterstützt. Wie wirkt eine Waffenlieferung an Israel auf das besetzte Palästina? Wie eine an die Kurden auf arabische Sunniten und auf Schiiten im Irak? Mit Entwicklungshilfe für die andere Seite ist Waffenhilfe nicht wieder wett zu machen. Nur ein Stopp von Waffenlieferungen in die Kriegsregion Nahost verhindert eine weitere militärische Aufrüstung dort und zwingt Parteien an den Verhandlungstisch. Wir fordern von der Bundesregierung einen Stopp aller Waffenexporte!“

Wiltrud Rösch-Metzler ist Bundesvorsitzende von Pax Christi

Anne Rieger in Stuttgart

„Wir fordern: die von NATO und EU schrittweise betriebene Einkreisung Russlands und die militärischen Drohungen müssen beendet werden. Die Einkreisung Russlands wurde durch NATO-Manöver an den Westgrenzen Russlands und durch die Stärkung der Schnellen Eingreiftruppe (NRF) auf höchst gefährliche Weise vorangetrieben. Wir fordern den Stopp neuer Waffenprogramme wie das Raketenabwehrsystem gegen Osteuropa und statt dessen Verhandlungen über atomare und konventionelle Abrüstung mit Russland.

Auch die Bindung der Ukraine an EU und NATO verschärft vorhandene Spannungen und verletzt legitime sicherheitspolitische Interessen der russischen Bevölkerung. Die Unterstützung des Westens für einen Regierungswechsel in der Ukraine hat die Gefahr einer Konfrontation mit Russland verschärft. Für die Lösung des Ukraine-Konfliktes ist es notwendig, alle Seiten – auch die Vertreter „der gesonderten Kreise der Gebiete Donezk und Lugansk der Ukraine“ – in die Lösung mit einzubeziehen. Die Einrichtung föderaler Strukturen und soziale Gerechtigkeit können zu einer dauerhaften Lösung führen. Die Bundesregierung muss sich für den Erhalt des Neutralitätsstatus der Ukraine einsetzen.“

Anne Rieger ist Mitglied des Bundesausschusses Friedensratschlag

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"Aufstehen für den Frieden!", UZ vom 1. April 2016



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