Sachsen-Anhalt droht ein Skandal, der beispiellos in der deutschen Fußballgeschichte ist. Der Kreisliga Jerichower Land droht vor Saisonbeginn der Kollaps. Die Mitteldeutsche Zeitung (4. 8. 2015) zu den Hintergründen: „Zahlreiche Schiedsrichter des Kreisverbandes weigern sich aus Sorge um die eigene Gesundheit, Partien des von Rechtsextremisten dominierten Vereins FC Ostelbien Dornburg zu pfeifen. Das ergaben Recherchen von MDR Info und Mitteldeutscher Zeitung.“ Das Blatt zitierte auch den zuständigen Schiedsrichter-Obmann Dietmar Fähse, der bestätigte, dass „sich von 65 Schiedsrichtern nur noch sechs für Spiele des FC Ostelbien Dornburg zur Verfügung stellten.“ Derlei Schiedsrichter-Streik erlebte man bislang nirgends zwischen Rhein und Oder. Vor allem aber: Der Streik hat ausschließlich politische – konkret: antinazistische – Gründe. Es ist nicht nur ein Aufstand der Schiedsrichter. Mindestens vier Kreisliga-Mannschaften erklärten, nicht mehr gegen den FC Ostelbien Dornburg antreten zu wollen. Ausgelöst worden war die Aktion durch hemmungslose Übergriffe von Spielern des FC Ostelbien auf Spieler anderer Mannschaften. Mitglieder gegnerischer Mannschaften wurden brutal gefoult, Spieler mit Migrationshintergrund beleidigt und Schiedsrichter bedroht. Oft musste die Polizei eingreifen. „,Ich will nicht in meiner Freizeit um Leib und Gesundheit fürchten müssen‘, begründete der Vereinschef des SV Eiche Redekin, Michael Pieper, die Entscheidung, nicht mehr gegen den FC Ostelbien Dornburg antreten zu wollen gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung. Er warf zudem dem Landesfußballverband vor, sich bislang nicht um das Problem gekümmert zu haben.“
Der FC Ostelbien Dornburg gilt landesweit als Neonazi-Verein, dem schon bei seiner Gründung 2011 die Lizenz verweigert werden sollte. Der Verein zog vor Gericht und die Juristen sahen keinen Grund, ihn nicht spielen zu lassen. Hilmar Steffen vom Verfassungsschutz konstatierte zwar: „15 Spieler der Mannschaft sind uns als Rechtsextremisten bekannt“, aber offiziell soll der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt erklärt haben: „Solange der Verein an sich nicht verfassungsfeindlich handele, gäbe es keine Handhabe.“ Bliebe die die Frage: Was müssten die Dornburger tun, um eine „Handhabe“ zu liefern? Etwa Hakenkreuze auf die Trikots nähen? Aufschlussreich wäre auch der Wortlaut des Urteils, mit dem ein Gericht der Mannschaft damals die Spielgenehmigung erteilte und warum der Landessportbund keinen Grund sah in Revision zu gehen.
Mannschaftskapitän Dennis Wesemann sei seit langem in der rechten Szene aktiv, weiß man rund um Magdeburg – und zwar auch in den Regierungsetagen. Innenstaatssekretär Ulf Gundlach (CDU) beantwortete eine entsprechende Anfrage – meldeten Zeitungen – mit dem Hinweis, „dass man in den Verbänden das Problem jetzt ernsthaft sieht. Er warnte aber vor überzogenen Erwartungen. Das Verfahren wird noch ein paar Monate dauern, zudem ist davon auszugehen, dass der Verein Rechtsmittel einlegt“.
Der Berliner „Tagesspiegel“ (11. 8. 15) meldete: „Man ‚habe beim Landessportbund den Antrag auf Ausschluss des FC Ostelbien Dornburg gestellt‘ sagte Fußball-Verbandspräsident Erwin Bugar in Magdeburg.“ Begründet wurde der Antrag mit groben Verstößen des Vereins gegen die Satzung des FSA. Eine schnelle Lösung wird es jedoch nicht geben: „Der Landessportbund muss nun zunächst den betroffenen Verein anhören“, erklärte LSB-Vorstandsvorsitzender Lutz Bengsch.
Zu erwähnen wäre noch, dass die Richter, die dem Verein den Weg in die Kreisliga geebnet hatten, offensichtlich die Statuten des Fußballverbandes ignoriert hatten. Der „Tagesspiegel“ kannte sie: „Der FSA argumentiert, dass in seiner Satzung festgeschrieben sei, dass sich die bei ihm organisierten Vereine gegen Gewalt, Rassismus, politischen Extremismus und Homophobie einsetzen. Gegen diese Prinzipien hätten die Kicker aus Dornburg eklatant verstoßen. Bei Spielen mit den Ostelbiern war es zu Schlägereien, Schiedsrichterbeleidigungen und zu provozierten Spielabbrüchen gekommen. ‚Der Verein ist nicht gegen diese Gewalt und gegen Gewaltverherrlichung vorgegangen‘, sagte Bugar“