Gewerkschaften wollen in Bündnissen Protest organisieren

Aufrufe für einen „heißen Herbst“

Energiepreisdeckel einführen, Übergewinne abschöpfen – mit diesen und weiteren Forderungen gehen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften in den „heißen Herbst“ und rufen vor Ort zu Protesten auf. In einem Positionspapier, das der DGB letzte Woche veröffentlicht hat, heißt es: „In diesem Herbst treffen uns die steigenden Preise mit voller Wucht. Viele von uns spüren die Inflation und die explodierenden Gas- und Stromkosten täglich im Geldbeutel.“

Die Bundesregierung habe mit Entlastungen reagiert, doch es müsse „nachgebessert“ werden, so der DGB. Die Sanktionen gegen Russland werden befürwortet, nicht aber, dass die Folgen allein auf die „Arbeitnehmer“ abgewälzt werden. Es brauche eine Soforthilfe von 500 Euro für alle Beschäftigten, Empfänger von Grundsicherung, Rentner, Studierenden und Auszubildenden sowie 100 Euro für jedes Kind. Außerdem müsse der „Grundbedarf“ an Strom und Gas bezahlbar bleiben.

Auch für Unternehmen müsse es angemessene Lösungen geben. Der DGB fordert sogar „einen Schutzschirm für Unternehmen und die öffentliche Daseinsvorsorge“. Die Wirtschaftshilfen will der Gewerkschaftsbund an Beschäftigungssicherung und Vereinbarungen zur Tarifbindung gebunden sehen. Außerdem solle der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld verlängert werden. Für Mieter wird gefordert, dass weder Strom noch Gas abgestellt werden dürfen, wenn die Preiserhöhungen zu Zahlungsausfällen führen: „Für die Dauer der Energiekrise fordern wir ein Kündigungs-Moratorium.“ In Bündnissen werde sich der DGB bundesweit „für dauerhaft wirksame und gute sozialstaatliche Leistungen einsetzen“. Basis für jede Zusammenarbeit sei allerdings ein „klares, uneingeschränktes Bekenntnis zur Demokratie, zu Diversität und Vielfalt und zur Solidarität mit den Menschen in der Ukraine“.

Einige Gewerkschaftsgliederungen hatten zuvor bereits zu Protesten aufgerufen. So beschloss der ver.di-Ortsverein Südpfalz die Unterstützung sozialer Proteste und verband dies mit der Forderung, „keine Tarifabschlüsse unter Inflationsausgleich, maximal 12 Monate Laufzeit der Tarifverträge“. Die Gasumlage sei zurückzunehmen, eine wirksame Preisbremse nicht nur für Energie, sondern auch für Wohnen und Grundnahrungsmittel einzuführen. Und es wird gefordert, die öffentliche Daseins- und Energieversorgung in die Öffentliche Hand zu überführen.

Auch der Geschäftsführende Vorstand der GEW Köln hat beschlossen, Sozialproteste zu unterstützen und mitzuorganisieren. Die Kollegen verweisen auf Rekordgewinne bei den Konzernen und die hohe Inflation, die zu Reallohnverlusten führe. „Die Gewerkschaften sind die Organisationen, auf die es jetzt ankommt. Die Tarifrunden müssen genutzt werden, um den Lebensstandard zu verteidigen.“ Dazu brauche es zusätzlich zum Tarifkampf eine breite gesellschaftliche Bewegung, für die „Gewerkschaften der Katalysator sein sollten“. Ziel sei es, die Proteste mit möglichen Streiks der kommenden Tarifrunden zu koordinieren.

In eine ähnliche Richtung geht der Aufruf des DGB-Stadtverbands Neustadt, der sich darüber hinaus für einen Waffenstillstand und „ernsthafte Verhandlungen“ einsetzt, um „das Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer“ und die „Kriegs- und Sanktionsfolgen für alle Menschen“ zu beenden. Anders als der DGB-Bundesvorstand spricht sich der Stadtverband Neustadt explizit dagegen aus, 100 Milliarden Euro zusätzlich für Rüstung auszugeben. „Das sind Geldsummen, die jetzt an anderer Stelle fehlen“.

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"Aufrufe für einen „heißen Herbst“", UZ vom 30. September 2022



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