Nunmehr seit Jahren warnen Bürgerrechtsorganisationen und Parteien davor, dass sich der sogenannte „Kampf gegen den Terror“ schnell gegen die eigene Bevölkerung richten könnte. Dies ist spätestens mit dem G20-Gipfel, der an diesem Wochenende in Hamburg stattfindet, der Fall. Neben diversem schweren Gerät, Wasserwerfern und Räumpanzern, Hunde- und Reiterstaffeln sowie über 20 000 teils schwer bewaffneten Polizisten soll in der Hansestadt auch das von der österreichischen Firma Achleitner hergestellte Kampffahrzeug „Survivor“ erstmalig zum Einsatz kommen.
Bei der Vorstellung des Fahrzeugs im November des letzten Jahres, fabulierte der Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD), über eine „neue Qualität“ der Bedrohung durch hochprofessionelle Extremisten. Das Ausrüstungs- und Einsatzkonzeptionspaket der Hamburger Polizei sei ein Zeichen dafür, dass die Bundeswehr zur Wahrung der inneren Sicherheit nicht benötigt werde, sagte der Senator damals außerdem. Während auch andere Bundesländer, wie etwa Sachsen, den „Survivor“ bereits angeschafft haben, soll dies in Berlin offenbar in naher Zukunft geschehen.
Das besagte Kampf- und Kriegsfahrzeug wird in der Bundesrepublik vom Düsseldorfer Waffenhersteller Rheinmetall hergestellt. Auch dessen „Survivor“ ist ein gepanzertes und mit schweren Schusswaffen ausgerüstetes Einsatzfahrzeug, welches Spezialeinheiten der Polizei geschützt an ihr Einsatzziel bringen soll. Rheinmetall wirbt jedoch damit, dass auf Wunsch der „Survivor“ auch speziell auf Anforderungen von Polizeikräften angepasst werden kann, etwa durch Abschussanlagen für Tränengas. Derlei wird üblicherweise nicht gegen Terroristen eingesetzt, sondern gegen Demonstranten. Auch in mehreren anderen G20-Ländern werden solche gepanzerten Wagen von der Polizei benutzt, um gegen Protestierende vorzugehen. Die Militarisierung der Polizeikräfte ist mindestens in der langfristigen Perspektive nicht nur ein Mittel gegen „Terrorismus“, sondern zur Bekämpfung jener Aufstände, die durch die Krisen des Kapitalismus entstehen werden.
„Es zeichnet sich ab, dass der G20-Gipfel unter den Bedingungen eines nicht erklärten Ausnahmezustands ablaufen wird – ein Gipfel, der bislang nicht gerade für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Menschenrechte steht. Die Grund- und Freiheitsrechte in der Freien und Hansestadt Hamburg dürfen dem G20-Gipfel nicht geopfert werden. Deshalb ist es wichtig, dass sich viele Menschen und Organisationen energisch für die stark bedrohte Versammlungsfreiheit einsetzen und dass es unabhängige Demonstrationsbeobachtungen gibt“, stellte der Bürgerrechtler Rolf Gössner, Vize-Vorsitzender der Internationalen Liga für Menschenrechte, im Vorfeld des Gipfels der Herrschenden klar.
Im Nachgang an die Proteste gegen den G20-Gipfel sollte hingegen über eine breit angelegte Kampagne gegen die zunehmende Militarisierung der Innenpolitik und gegen die in der Bundesrepublik ansässige Waffenindustrie und ihre blutigen Geschäftsmodelle nachgedacht werden.