Gegründet und geführt von Wehrmachts-angehörigen – die Bundeswehr

Aufbau West

Von Helmut Kapfenberger

Dem 64. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr wurden vor dem Reichstag in Berlin und in fünf anderen Städten öffentliche Gelöbnisse gewidmet. Weitere derartige Zeremonien sind geplant. Militärministerin Annegret Kramp-Karrenbauer betrachtet das offenbar als Ergänzung des von ihrer Vorgängerin 2015 in der Tradition des „Tages der Wehrmacht“ eingeführten jährlichen „Tages der Bundeswehr“.

Es gehört zur Präsentation der Bundeswehr, die manch einer liebend gern beständig in „robusten“ Auslandseinsätzen, also Kampfeinsätzen sähe, ihre wahre Tradition zu verharmlosen oder ganz und gar zu verschweigen. Auch die Militärhistoriographie ist heute davon nicht frei.

So gab ein Militärhistoriker vor wenigen Monaten in einem Pressebeitrag zum besten: „Trotz der Zäsur 1945 und der sorgfältigen Auswahl des militärischen Führungspersonals durch den ‚Personalgutachterausschuss‘ des Parlamentes wurde die Bundeswehr zwangsläufig durch ‚Aufbauhelfer‘ aus der Wehrmacht und Söhne der Täter mitgeprägt.“

Wer waren die führenden „Aufbauhelfer“ nicht nur der ersten Stunde und nicht einmal nur der ersten Jahre? Wer kommandierte die Truppe bis weit in die 60er Jahre hinein?

Die Führungsakademie der Bundeswehr leiteten von Oktober 1959 bis März 1962 Generalmajor Hellmuth Laegeler, von 1962 bis 1966 Oberstleutnant Ulrich de Maiziere.

Hellmuth Laegeler: Vom 21. Juli 1944 bis zum 8. Mai 1945 Stabschef beim Befehlshaber des Wehrmachts-Ersatzheeres und damit direkter Nachfolger des am 20. Juli standrechtlich erschossenen Obersten Claus Graf Schenk von Stauffenberg. (Das bis dahin von Generaloberst Friedrich Fromm kommandierte Ersatzheer unterstand auf Weisung Hitlers ab 20. Juli dem Reichsführer SS, Heinrich Himmler, persönlich.)

Ulrich de Maiziere: Ab 1941 als Generalstäbler vorwiegend an der Ostfront, ab Februar 1945 Erster Generalstabsoffizier in der von Heusinger befehligten Operationsabteilung (OA) des Oberkommandos des Heeres (OKH); nahm in dieser Funktion im Frühjahr 1945 auch an den Lagevorträgen bei Hitler in der Berliner Reichskanzlei teil.

Generalinspekteure der Bundeswehr: 1955 bis 1961 Generalleutnant Adolf Heusinger (ab 1961 Vorsitzender des NATO-Militärausschussses in Washington), 1961 bis Ende 1963 Generalleutnant Friedrich Albert Foertsch, 1964 bis 1966 Generalmajor Heinz Trettner, 1966 bis 1972 Oberstleutnant Ulrich de Maizière.

Adolf Heusinger: Ab 1940 Chef der OA des OKH und stellvertretender Heeres-Generalstabschef, führend an der Ausarbeitung des Überfall auf die UdSSR und der Vorbereitung des Vorstoßes auf Stalingrad beteiligt, im August 1942 OA-Befehl an alle Heeresgruppen im Osten, „Jagdkommandos zur Bandenbekämpfung“ zu bilden; stand beim Attentat vom 20. Juli 1944 in der „Wolfsschanze“ als „Vortragender“ neben Hitler. 1961 forderte die Sowjetunion seine Verhaftung und Auslieferung wegen Kriegsverbrechen.

Albert Foertsch: Gilt als Verfasser des persönlichen Eides auf Hitler der Reichswehrsoldaten vom 2. August 1934; im Mai 1945 als Generalstabschef der 18. Armee im Kurland-Kessel in sowjetische Gefangenschaft geraten und 1950 als Kriegsverbrecher zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt; laut Anklage hatten die dem Ritterkreuzträger unterstellten Truppen „die Städte Pskow, Nowgorod und Leningrad zerstört“ und an vielen Orten „historische Kunstdenkmäler“ vernichtet; kam 1955 als nicht amnestiert in die BRD, war im Jahr darauf Generalmajor.

Heinz Trettner: Bis Januar 1938 Staffelkapitän der Legion Condor in Spanien, Träger der höchsten Kriegsauszeichnungen Francos; 1940 Planung des Überfalls auf die Niederlande; Generalstabschef eines Armeekorps in der UdSSR, zuletzt Kommandeur einer zahlreicher Gräueltaten beschuldigten Fallschirmjägerdivision in Italien.

Inspekteure des Heeres: bis 1960 General der Panzertruppe Hans Röttiger, bis 1964 Oberst Alfred Zerbel.

Hans Röttiger: Als Heeres-Generalstäbler an den Überfällen auf Polen, Frankreich und die UdSSR beteiligt, in den letzten Kriegsjahren Generalstabschef von Heeresgruppen an der Ostfront und in Italien.

Alfred Zerbel: Chef der Abteilung Ausbildung im OKH, auch Generalstabschef eines Armeekorps an der Ostfront.

Inspekteure der Luftwaffe: von 1957 bis 1962 Generalmajor Josef Kammhuber, von 1966 bis 1970 Oberst Johannes Steinhoff (1971 bis 1974 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses);

Josef Kammhuber: Anfang 1940 Kommodore des Kampfgeschwaders „Edelweiß“, Flugzeuge des Geschwaders bombardierten am 10. Mai 1940 Freiburg im Breisgau; nach verheerender Bombardierung Rotterdams am 14. Mai und der Kapitulation der Niederlande

Auszeichnung mit Ritterkreuz; später Kommandeur eines Fliegerkorps und dann einer Luftflotte in Norwegen.

Johannes Steinhoff: Im „Frankreich-Feldzug“ als Jagdflieger Teilnahme an der „Luftschlacht um England“, ab Juni 1941 gefeierter Jagdflieger-Staffelkapitän an der Ostfront; 176 „Luftsiege“ brachten Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern ein.

Inspekteure der Marine: bis 1961 Vizeadmiral Friedrich Ruge, von 1961 bis 1967 Fregattenkapitän Hans Zenker.

Friedrich Ruge: Teilnahme als Chef eines Schiffsverbands am Überfall auf Polen, mit Ritterkreuz honoriert, 1940 Kommodore einer Kriegsschiffgruppe im „Norwegen-Feldzug“; 1943 beim Stab Rommels an der Westfront; zum Schluss Chef des Amtes für Kriegsschiffbau im Oberkommando der Marine (OKM).

Hans Zenker: Sohn des einstigen Reichsmarinechefs Admiral Hans Zenker; Kommandant auf Zerstörern, Admiralstabsoffizier, zuletzt in leitender Position im OKM. In seiner Rede zur Begrüßung der ersten Matrosen der Bundesmarine 1956 in Wilhelmshaven verteidigte er die als Kriegsverbrecher verurteilten Großadmirale Raeder und Dönitz.

Erinnert sei auch an Generalleutnant Hans Speidel, ab 1957 Oberkommandierender der alliierten Landstreitkräfte in Mitteleuropa mit Sitz bei Paris.

Hans Speidel: Ab 1940 Stabschef beim Militärbefehlshaber im besetzten Frankreich; 1943 Stabschef der Heeresgruppe Süd an der Ostfront, maßgeblich verantwortlich für die Taktik der „verbrannten Erde“ beim Rückzug; 1944 Stabschef der von Generalfeldmarschall Rommel befehligten Heeresgruppe B an der Westfront. Seit 1933 war Speidel Gehilfe des Militärattachés in Paris und warb in dieser Funktion im Auftrag Hitlers den Attentäter an, der Jugoslawiens König Alexander I. und Frankreichs Außenminister Barthou 1934 ermordete. Barthou hatte sich für eine engere Zusammenarbeit mit der UdSSR eingesetzt.

Noch in den frühen 60er Jahren setzte sich die gesamte Bundeswehrführung aus Wehrmachtsangehörigen zusammen. Fast keiner der Bundeswehrgenerale hatte in der Wehrmacht einen niedrigeren Rang als Oberst; fast 50 waren schon unter Hitler General. Sieben Generale der Bundeswehr waren als Kriegsverbrecher verurteilt worden. Ab Major aufwärts gab es zu jener Zeit keinen Offizier, der nicht schon in der Wehrmacht Offizier gewesen wäre.

So sieht die wahre Tradition der Bundeswehr aus. Der Geist dieser „Aufbauhelfer“ ist noch nicht ausgestorben. Generalmajor a. D. Jochen Both, 1999 Luftwaffenchef, in Erinnerung an die verbrecherische Bombardierung Jugoslawiens im NATO-Kosovo-Krieg: „Ich würde heute mit den Soldaten der Bundeswehr, mit unseren Tornados und Eurofightern sofort wieder in einen ähnlichen Einsatz ziehen.“

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"Aufbau West", UZ vom 22. November 2019



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