Kanzlerkandidaten ziehen nur eine Lehre aus dem 20-jährigen Afghanistan-Einsatz: Hochrüsten

Auf zum nächsten Krieg

Dicht gedrängt standen die Menschen, als in ihrer Mitte zwei Bomben explodierten. Kinder, Frauen und Männer wurden zerfetzt. Die Zahl der Toten und Verletzten ist bis heute unklar.

Dieser Terrorakt ereignete sich vor zwölf Jahren, am 4. September 2009, im Norden Afghanistans. Die US-amerikanischen Bomberpiloten boten dem ehemaligen Oberst Klein fünf Mal an, die Menschen durch Überflüge zu verscheuchen. Sie schlugen vor, nur die Tanklaster zu zerstören, die im Flussbett liegengeblieben waren. Der deutsche Offizier wollte den Tod der Menschen, obwohl keine unmittelbare Gefahr für die Besatzungstruppen bestand. Klein ist seit 2013 Brigadegeneral der Bundeswehr. Hundert Familien wurden von der Bundesregierung mit 5.000 US-Dollar abgespeist, natürlich ohne Schuld anzuerkennen. Vor Gerichten in Deutschland und der EU scheiterten die Opfer.

Beim Bombenanschlag der US-Kreatur ISIS-K am Kabuler Flughafen starben mehr als 150 Menschen. Die Toten sind Folge der 20-jährigen Besatzung am Hindukusch und der Besetzung des Flughafens durch NATO-Truppen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte nicht dem afghanischen Volk. Er wandte sich an US-Präsident Joseph Biden, da 13 „tapfere“ US-amerikanische Soldaten „ihr Leben gaben, um das Leben anderer zu retten“. Ein Satz blieb für die zivilen Toten, „die unseren Schutz gesucht haben“. Viele von ihnen starben durch Kugeln der US-Soldaten.

Während die Krokodilstränen deutscher Politiker und Medien nicht trocknen wollen, setzen die USA ihren Terror fort. Mit Drohnen seien zwei IS-Kämpfer getötet worden, Biden kündigte weitere Vergeltungsschläge an: „Wir werden euch jagen und euch büßen lassen!“ Wenn Biden vor „Terroranschlägen“ warnt, meint er nicht die des Imperialismus.

Zwanzig Jahre Besatzung brachten dem afghanischen Volk Elend und Tod. Floriert haben Korruption und Drogenhandel. Davon hatten die Menschen am Hindukusch genug. Viele sehen in dem Abzug der Besatzer und der Machtübernahme durch die Taliban eine Chance auf Frieden. Die Taliban haben mit Russland, dem Iran und der Volksrepublik China verhandelt, um Hilfe für den Wiederaufbau des geschundenen Landes zu bekommen. Im Gegensatz zur NATO respektieren sie Völkerrecht und nationale Souveränität. Eine Zusammenarbeit kann die Grundlage für eine friedliche Entwicklung der Region bilden. Ein Krieg im Nachbarland ist nicht in ihrem Interesse. Chaos und Bürgerkrieg passen dagegen in das Kalkül der imperialistischen Politik.

Deshalb war es folgerichtig, dass die Bewerber von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen für das deutsche Kanzleramt im „Triell“ von „RTL“ nicht den NATO-Einsatz kritisierten, sondern nur sein chaotisches Ende. Armin Laschet, Olaf Scholz und Annalena Baerbock stehen stramm zur NATO und ihrem Aufrüstungsziel von 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Alle drei wollen zugleich die deutsche Kriegführungsfähigkeit erhöhen und im Rahmen der EU auch eigenständig Krieg führen können – natürlich mit bewaffneten Drohnen zum Schutz „unserer Soldaten“. Das „Triell“ war ein Schaulaufen, wer der aggressivere Kriegstreiber ist. Annalena Baerbock schlug sich außerordentlich gut und verpasste der Partei „Die Linke“ erneut einen Dämpfer: Verlässlichkeit in der Außenpolitik heiße, „zur NATO zu stehen“. Mit ihrem Abstimmungsverhalten zum Afghanistan-Mandat habe sich die Partei ins Abseits geschossen. „Die Linke“ sollte froh sein.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Auf zum nächsten Krieg", UZ vom 3. September 2021



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Schlüssel.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit