Washington und Brüssel wollen den Einfluss des Iran im Nahen Osten stoppen

Auf Kriegskurs

Von Manfred Ziegler

Ein Jahr nach dem Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran verschärfen die USA die Sanktionen. Bisherige Ausnahmeregelungen sind abgelaufen, Trump will den Ölexport des Iran auf Null bringen. Jetzt kommen Sanktionen gegen den Import von iranischem Kupfer, Eisen, Stahl und Aluminium dazu.

Trump gibt sich im Spiel mit verteilten Rollen verhandlungsbereit. Über diplomatische Kanäle ließ er seine Telefonnummer an die Regierung in Teheran weiterleiten und meinte, sie solle ihn anrufen, dann könne man weiter verhandeln. Dagegen steht das „B-Team“ (US-Sicherheitsberater Bolton, der saudische Kronprinz Bin Salman, Benjamin Netanjahu) umso mehr für militärische Intervention. Letzter Schritt war die Verlegung von Patriot-Raketen und B52-Bombern nach Katar – wegen nicht näher beschriebener angeblicher iranischer Drohungen.

Gemeinsam arbeiten sie am Regime-Change. Sicherheitsberater Bolton verlangt schon seit Jahren, den Iran zu bombardieren, für Trump war das Atomabkommen ein wichtiges Thema in seinem Wahlkampf. Doch die USA brauchen keinen Konflikt wegen eines Atomprogramms, um gegen den Iran vorzugehen. Der Kern des Konflikts besteht darin, dass der Iran sich in der Region den Interessen der USA widersetzt.

Beim Versuch, den Iran zu schwächen, sind sich EU und die USA grundsätzlich einig. So verhängte die EU im Januar 2019 neue Sanktionen gegen den Iran wegen angeblich geplanter Terroranschläge auf Exil-Iraner. Und schon 2017 wollte der französische Präsident Macron das Atomabkommen von 2015 überarbeiten und Aktivitäten des Iran im Bereich der ballistischen Raketen mit einschließen – „mit Sanktionen, wenn nötig“. Und dazu sollte die „Eindämmung der iranischen Hegemonie in der Region“ in das Abkommen aufgenommen werden.

Das Atomabkommen wurde nicht überarbeitet, sondern von den USA gesprengt. Solange es umgesetzt wurde, hatte es dem Iran bei weitem nicht den erhofften wirtschaftlichen Aufschwung gebracht. Die neuerlichen und massiven Sanktionen werden die iranische Wirtschaft weiter schwächen. Der iranische Präsident Rohani sprach sogar davon, man wisse nicht, ob die Situation schlimmer werde als während des Krieges gegen den Irak von 1980 bis 1988. „Damals hatten wir keine Probleme mit den Banken und den Ölverkäufen“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur „IRNA“.

Die Reaktionen der Handelspartner und Abnehmer von iranischem Öl sind unterschiedlich. Die russische, türkische, chinesische und irakische Regierung sprechen sich gegen die Sanktionen aus. Inwieweit sie diesem Anspruch auch faktisch nachkommen – oder ob sie womöglich erneut eine Ausnahmeregelung der USA erhalten – muss sich erst erweisen.

Indien importiert bisher 10 Prozent seines Öls aus dem Iran. Im Mai letzten Jahres hatte der indische Außenminister noch erklärt, das Land halte sich nur an UN-Sanktionen. Diese Aussage hat der Sprecher des Außenministers nun relativiert. Es müssten viele Faktoren berücksichtigt werden. Der Ölimport aus dem Iran sank im April um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und die EU hat sich faktisch völlig mit dem Ende des Atomabkommens abgefunden.

Die Möglichkeiten der iranischen Regierung sind begrenzt. Dass der Iran in Zukunft überschüssiges angereichertes Uran und schweres Wasser behält, statt es weiterzuverkaufen, ist eine Aufforderung an die EU: Wenn ihr das Atomabkommen wollt, müsst ihr auch etwas dafür tun.

Dieser Ruf verhallt ungehört. Stattdessen werden – zuletzt von Frankreich – EU-Sanktionen ins Spiel gebracht. Und die militärische Drohung durch die USA geht weiter.

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"Auf Kriegskurs", UZ vom 17. Mai 2019



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