Bundesregierung entwirft ihre neue China-Strategie

Auf in den Krieg mit China

Das Auswärtige Amt unter Ministerin Annalena Baerbock bereitet mitten im erbitterten Wirtschaftskrieg gegen Russland eine weitere Eskalation im Machtkampf gegen China vor. Das belegen Auszüge aus dem Entwurf für eine neue deutsche China-Strategie, die in aktuellen Medienberichten kursieren.

Weitreichende Folgen wird die Verabschiedung des Strategiepapiers für die deutsche Wirtschaft haben. Zwar heißt es in dem Entwurf, „eine enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen Deutschland und China“, wie sie tatsächlich längst existiert, sei „auch weiterhin unser Ziel“. Allerdings werden anschließend eine ganze Reihe von Maßnahmen festgelegt, die eine deutliche Reduzierung des Chinageschäfts zum Ziel haben – offiziell, um jegliche Abhängigkeit von der Volksrepublik zu verhindern. So sollen zum Beispiel „Auslandsinvestitionen deutscher und europäischer Unternehmen in sicherheitskritischen Bereichen“ überprüft, also auf Wunsch auch untersagt werden können. Zudem sollen komplette Importstopps aus bestimmten chinesischen Regionen möglich sein – und zwar dann, „wenn Lieferketten frei von Menschenrechtsverletzungen mit anderen Mitteln nicht sichergestellt werden können“.

Die Strategie sieht zudem eine massive Einmischung in innere und äußere Angelegenheiten der Volksrepublik vor. So kündigt das Papier eine Vertiefung der Beziehungen zu Taiwan an, es solle stärker in internationale Organisationen eingebunden werden, heißt es in offenem Widerspruch zu geltenden UN-Resolutionen. Außerdem strebt das Auswärtige Amt ein Investitionsabkommen zwischen der EU und Taiwan an. Davon abgesehen macht das Entwurfspapier die künftige Kooperation mit der Volksrepublik davon abhängig, dass sich Peking den Berliner Vorstellungen von einer adäquaten Außenpolitik unterwirft. So heißt es: „China und Russland nähern sich immer stärker an“, das sei mit einer Zusammenarbeit mit Deutschland nicht vereinbar. Dies kann auch als Warnung etwa an Indien, Südafrika oder Saudi-Arabien verstanden werden, die ebenfalls eng mit Russland kooperieren.

„Unser Ziel ist nicht eine neue Blockkonfrontation“ – das kann lediglich als inhaltsleere Schutzbehauptung verstanden werden, nicht nur die wirtschaftlichen und politischen Schritte, die das Papier vorsieht, sondern auch mehrere wörtliche Festlegungen zielen klar auf einen neuen Kalten Krieg. So heißt es etwa, man wolle an der bisherigen Einstufung Chinas als „Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale“ zugleich festhalten: „Die beiden letzteren Aspekte gewinnen jedoch zunehmend an Gewicht.“ Bemerkenswert ist auch die Rolle, die das Auswärtige Amt in Sachen Chinapolitik in Zukunft der EU zuschreibt. Erst kürzlich hatte der Europäische Auswärtige Dienst in einem Strategiepapier gefordert, die Mitgliedstaaten der Union „sollten isolierte und unkoordinierte Initiativen“ gegenüber China „unterlassen, die unsere vereinte Haltung schwächen könnten“. Mit seiner neuen China-Strategie prescht Berlin nun erneut in einem nicht abgestimmten Alleingang vor.

Die Orientierung auf eine Eskalation im Machtkampf gegen China erfolgt, obwohl deren Konsequenzen diejenigen des Wirtschaftskriegs gegen Russland nach verbreiteter Meinung erheblich übertreffen. China ist Lieferant unverzichtbarer Rohstoffe wie seltener Erden und verarbeiteten Lithiums, kaum ersetzbarer High-Tech-Produkte und billiger Vorprodukte für die deutsche Industrie. Die Kfz-Branche erzielt rund ein Drittel ihres Absatzes in China; sollte es zu einem Decoupling zwischen dem Westen und der Volksrepublik kommen, dann steht vermutlich eine Abspaltung der chinesischen Ableger mancher deutscher Konzerne bevor. Die Investitionen deutscher Unternehmen in der Volksrepublik nähern sich mittlerweile dem Wert von 100 Milliarden Euro.

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"Auf in den Krieg mit China", UZ vom 25. November 2022



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