Im März 1969 erscheint die Nullnummer einer neuen Wochenzeitung. Es ist nicht irgendeine, sondern die Zeitung „unserer Zeit“. Zuerst nicht als die Zeitung der neukonstituierten DKP herausgegeben, sondern – aus Sicherheitsgründen als Einzelperson – vom Vorsitzenden der DKP, Kurt Bachmann (1909–1997). Der erste Chefredakteur, Gerd Deumlich (1929–2013), wandte sich in der Ausgabe an die Leser mit Worten, die auch ein halbes Jahrhundert später ihre Gültigkeit nicht verloren haben:
„Sie könnten abwinken: schon wieder ein neues Blatt, was soll‘s, der Pressemarkt ist doch schon überfüllt. Stimmt. Weshalb also kommt jetzt die UZ? Wer braucht sie, eine sozialistische Volkszeitung? Sie und alle, die noch unsere Leser werden, brauchen die UZ. Sie gehören zu den Menschen, ohne deren Arbeit dieses Land nicht leben könnte. Aber bekommen Sie es nicht jeden Tag auf irgendeine Weise zu spüren, dass Sie wie alle ‚kleinen Leute‘ nicht genug mitzureden haben, im Betrieb, im Staat, überall, wo Entscheidungen über unser Schicksal fallen? Wo solche Zustände herrschen, muss eine Zeitung her, die den Dingen auf den Grund geht und die vorwärtsweisenden Ideen der fortschrittlichen Demokratie und des Sozialismus verficht.
Neulich hat ein großer Illustrierten-Verlag es als die journalistische Aufgabe seiner Mitarbeiter verkündet, ‚die Welt wöchentlicht neu zu erfinden‘: Wir wollen genau das Gegenteil tun. Blätter, die eine Scheinwelt vorgaukeln, gibt es genug. Wir sehen die Welt so, wie sie ist. Und wollen mithelfen, sie so zu gestalten, dass auch bei uns die arbeitenden Menschen in ihr den ihnen zukommenden Platz einnehmen.
Sehen Sie sich nur unsere Presse an: fast neun Zehntel gehört Springer und wenigen anderen Konzernen. Sie bringen zwar Millionen-Auflagen heraus, aber etwa Zeitungen des Volkes? Man weiß doch, wie mit dieser Presse die öffentliche Meinung manipuliert, die Politik so hingebogen wird, dass – vorläufig noch – das Großkapital den Ton angibt.
Passt das noch in unsere Zeit? ‚Unsere Zeit‘, die UZ, wird dafür einstehen, dass das werktätige Volk den bestimmenden Einfluss in Staat und Wirtschaft durchsetzt. Nur das ist zeitgemäß und demokratisch. Denn seitdem das Großkapital wieder fest im Sattel sitzt, geht‘s abwärts mit der Demokratie, steht das Ruder auf Rechtskurs. Und die Herrschenden dieses Landes tun gerade so, als ob nur die Ordnung denkbar wäre, in der sich alles ihren Profit- und Machtinteressen unterzuordnen hat.
Wer sich damit nicht abfinden will, wer Frieden, Demokratie und soziale Gerechtigkeit gesichert sehen will, der wird in der UZ seine Zeitung finden. Denn unser Wirken wird der Zeit gelten: echte demokratische Umgestaltungen herbeiführen. Auf diesem Wege wird sich das abeitende Volk selbst die Zukunft erschließen und zum Sozialismus gehen, den wir für die für unser Land beste Ordnung halten.
Volkszeitung – das soll nicht nur in unserem Untertitel stehen. Wir brauchen Ihre Unterstützung, lieber Leser, wünschen uns Ihre Mitarbeit. Denn wir wollen ja „Unsere Zeit“ schreiben, eine Zeitung machen, die ihr Vertrauen findet, die sie „meine UZ“ nennen sollen!
Ihr Gerd Deumlich“