Auf dem linken Auge blind?

Uwe Koopmann zur aktuellen Extremistenhatz

Es war vorhersehbar: BILD, Christian Lindner von der FDP und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) benötigen die Überweisung zum politischen Augenarzt. Statt eigene Sehfehler zu akzeptieren, kommen sie zu der verwegenen Behauptung, die Gesellschaft sei so fehlsichtig, dass sie die „linksextremistische Szene“ akzeptiere.

Dabei sind die Herren allerdings so blind, dass sie nicht mehr unterscheiden können, wen sie treffen. Hauptsache: „Links“!

Dagegen wehrt sich sogar die Süddeutsche Zeitung. Nach einem Vergleich in Sachen Extremismus von links und rechts kommt sie zu dem Schluss: „Deutschland kann also nicht als ‚auf dem linken Auge blind’ bezeichnet werden.“ Und sogar der Deutsche Presserat wehrt sich. BILD lässt sich dagegen durch Wahrheit und Erkenntnis nicht beirren. Das Blatt hat sich zum Fahnder gegen Linke aufgeschwungen.

Der aktuelle Bericht des Inlandsgeheimdienstes, „Verfassungsschutz“ genannt, der den G20-Gipfel noch nicht berücksichtigen konnte, bestätigt über viele Seiten, dass die Schnüffler durchaus nicht auf dem linken Auge blind sind, sondern alle Linken im Fokus haben.

„Linksextremisten“ – so fabuliert der „Verfassungsschutz“ in seinem Bericht – „geht es bei allen Aktionen nicht etwa darum, gesellschaftliche Probleme zu lösen. Sie versuchen vielmehr, gesellschaftliche Konflikte im Sinne ihrer revolutionären Ziele zu instrumentalisieren.“ Die politische Bewertung, dass der Kapitalismus verantwortlich ist „für alle gesellschaftlichen und politischen Missstände wie soziale Ungerechtigkeit, ‚Zerstörung’ von Wohnraum, Kriege, Rechtsextremismus und Rassismus sowie für Umweltkatastrophen“, wird als „linksex­tremistisch“ tituliert.

Natürlich wird das von interessierten Politikern kurz vor der Bundestagswahl gerne aufgegriffen. Manche gehen so weit, dass sie Schaum vor dem Mund bekommen. Wolfgang Bosbach (CDU) zum Beispiel bei der ARD-Rederunde „Maischberger“, als er sich wegen einer Kritik von Jutta Ditfurth aus dem Studio absetzte.

Besonders auffällig ist – abschließend ausgeführt – natürlich das Jammern von de Maizière. War das nicht der Minister, dessen Haus bei NSU und anderen Verbrechen versagt, wenn nicht gar mitgeholfen hat?

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"Auf dem linken Auge blind?", UZ vom 21. Juli 2017



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