Die französischen Arbeiter kämpfen gegen Macrons „Rentenreform“. In Belgien haben wir die vorherige Regierung von Charles Michel mit ihrer Rente nach Punkten zurückgedrängt. In Spanien sind es die „Pensionistas“, die jeden Montag losmarschieren, um eine würdige Rente zu fordern. In Kroatien haben die Gewerkschaften die Rücknahme des gesetzlichen Rentenalters von 67 auf 65 Jahre erreicht (…)
Wissen Sie, wo die verschiedenen Angriffe in Europa auf die Sozialsysteme und insbesondere die Rentensysteme koordiniert werden? In den Büros der Europäischen Kommission. Diese Institution, die sich aus 28 Kommissaren zusammensetzt, die kein einziger europäischer Bürger gewählt hat, ist die Exekutivgewalt der Europäischen Union. (…) Aber die Frage bleibt: Warum hat die Europäische Union mit dem Angriff auf unsere Renten begonnen?
Seit der Finanzkrise von 2008 und dem Aufstieg Chinas hat die Kommission einen Zahn zugelegt und ein ganzes Bündel von Maßnahmen entwickelt, die sich auf die europäischen Renten auswirken können. Obwohl die Rentensysteme in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, hat die Europäische Union eine Schlüsselrolle bei der Anregung der sogenannten „Reformen“ gespielt, die zur Senkung der Sozialausgaben durchgeführt werden sollten, stellt das Europäische Gewerkschaftsinstitut fest. Der Wachstums- und Stabilitätspakt, das „Six-Pack“, dann das „Two-Pack“. Diese von den Mitgliedstaaten gebilligten Verträge haben es der Europäischen Union ermöglicht, die Austeritätspolitik durchzusetzen, die auf die Senkung der Sozialausgaben abzielt.
Ab 2011 startet die Kommission die Offensive: Die „Überversorgung“ von Beschäftigten mit unbefristeten Arbeitsverträgen soll abgebaut, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung gekoppelt (das heißt das Renteneintrittsalter anzuheben), die Bedingungen für den Zugang zum Vorruhestand beschränkt und ergänzende private Rentensysteme eingerichtet werden.
Sieben Jahre später, am 25. Mai 2018, jubelt der Rat „Wirtschaft und Finanzen“, Ecofin (…), dass „die jüngsten Rentenreformen in den meisten Ländern sich positiv auf die Einschränkung der öffentlichen Ausgaben ausgewirkt und dazu beigetragen haben, das durchschnittliche Renteneintrittsalter zu erhöhen“ und dass „die Mitgliedstaaten noch weitere Maßnahmen ergreifen müssen, um das wirkliche Renteneintrittsalter zu erhöhen, insbesondere durch Vermeidung eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsmarkt, durch Förderung des aktiven Alterns, durch Verstärkung der Anreize zum Verbleib auf dem Arbeitsmarkt und durch Stärkung der Elemente der Nachhaltigkeit der Rentensysteme, beispielsweise durch die Abhängigkeit des gesetzlichen Rentenalters oder der Rentenleistungen von der Lebenserwartung“.
Damit das auch umgesetzt werden kann, hat die Kommission eine Empfehlung: die Rente nach „Punkten“. Dieses System, welches in Deutschland bereits eingeführt wurde, verknüpft die Höhe der Rente mit verschiedenen externen Faktoren, darunter die Lebenserwartung. Steigt die Lebenserwartung, wird die Rente niedriger ausfallen.
Dieses System hat für den Staat den Vorteil, dass die Rentenbeträge gesenkt werden. Man muss sich nur ansehen, was in den europäischen Ländern, in denen dieses System eingeführt wurde, vor sich geht. In Deutschland gibt es die Rente nach Punkten bereits seit Anfang der 2000er Jahre. Die Bilanz ist katastrophal: Jeder zweite Rentner erhält weniger als 800 Euro im Monat, 16,8 Prozent von ihnen leben unter der Armutsgrenze, mehr als eine Million Rentner, oft über 70 Jahre alt, müssen Minijobs ausüben, um zu überleben.
In Schweden, wo die Punkte-basierte Rente seit 2001 Schaden anrichtet, ist es nicht besser: 92 Prozent der Frauen und 72 Prozent der Männer hätten eine höhere Rente gehabt, wenn das alte System noch in Kraft wäre. Und wie auch in Deutschland müssen viele Menschen trotz ihres fortgeschrittenen Alters weiter arbeiten: 38 Prozent der schwedischen Bevölkerung im Alter von 67 Jahren und 25 Prozent der über 69-Jährigen müssen weiter arbeiten, um ihre niedrige Rente aufzustocken.
Die Europäische Kommission bemängelt, dass nur 27 Prozent der Europäer zwischen 25 und 59 Jahren Renten-Sparverträge abgeschlossen haben. Der Europäische Rat erkennt an, dass „der europäische Markt für individuelle Altersvorsorge derzeit aufgrund eines Flickenteppichs unterschiedlicher Regelungen, die das Entstehen eines Marktes auf EU-Ebene behindern, zersplittert ist“. (…) Marc Botenga, MdEP der PTB-PVDA, sagt: „Vor einigen Monaten stimmte das Parlament für die Schaffung eines privaten europäischen Altersvorsorgeproduktes.“ (…). Im Endeffekt geht es darum, die Renten der Arbeiter auf eine private Rentenversicherung zu übertragen. „Die Europäische Union selbst ist im Grunde ein Produkt, ein Projekt der Vermarktung: Immer mehr Sektoren werden den Märkten und den privaten multinationalen Unternehmen, den Banken angeboten. Dazu nützt die Austerität. Sie schränkt das Handeln des Staates ein und zwingt ihn zur Privatisierung. Dafür müssen, wie zuvor die Energie, die Post, die Bahn, nun auch die Renten privatisiert werden.“ (…)
Da der Angriff auf europäischer Ebene erfolgt, muss unsere Antwort auf der selben Ebene stattfinden. Deshalb hat die PTB-PVDA mehrere Delegationen zur Unterstützung der französischen Demonstranten und Streikenden in Lille, Paris, Valenciennes, Straßburg, Douai geschickt. (…) Die PTB-PVDA fordert die belgischen Lohnabhängigen auf, einen Beitrag zum Solidaritätsfonds der Gewerkschaft CGT zu leisten, um streikende Arbeiter zu unterstützen, weil ihr Kampf auch unser Kampf ist. Jeder Sieg, der in einem bestimmten Land zur Sicherung der umlagefinanzierten Altersversorgung erzielt wird, ist ein Sieg für alle europäischen Beschäftigten. (…)