Wie breit kann, soll ein Bündnis sein, das sich gegen den Rassismus wendet?
Allgemeine Prinzipien für antifaschistische Bündnisse lassen sich auch aus der Geschichte der Arbeiterbewegung herleiten. Zu Recht weist Nina Hager in ihrem Artikel „Aufstehen gegen Rassismus“ auf die Erfahrungen aus der Einheits- und Volksfontpolitik nach 1933 hin. Mit dem, dass ein „gemeinsames Handeln – auch mit bürgerlichen Demokraten“ – den Faschismus hätte verhindern können, stimme ich soweit überein, soweit die Ursache nicht hauptseitig in einer falscher Politik der KPD gegenüber bürgerlichen Kräften gesucht wird.
1935 führt Dimitroff in seinem Referat auf dem VII. Weltkongress aus: „War der Sieg des Faschismus in Deutschland unvermeidlich? Nein, die deutsche Arbeiterklasse hätte ihn verhindern können.
Aber dazu hätte sie die Herstellung der antifaschistischen proletarischen Einheitsfront durchsetzen, die Führung der Sozialdemokratie zwingen müssen, den Feldzug gegen die Kommunisten einzustellen und die wiederholten Angebote der Kommunistischen Partei über die Aktionseinheit gegen den Faschismus anzunehmen.“
Dimitroff weist auf die Verantwortung der Sozialdemokratie hin, ohne im Weiteren die Fehler der KPD insbesondere bezüglich einer aktiven Aktionseinheitpolitik zu verschweigen.
Die Volksfrontpolitik untersucht er in einer Reihe von Staaten und schreibt seinen Genossen ins Stammbuch: „Ihr seht also, dass wir hier auf ganzer Linie aufräumen müssen mit der in unserer Praxis nicht selten vorkommenden Ignorierung, Geringschätzung der verschiedenen Organisationen und Parteien der Bauernschaft, der Handwerker und der Massen des städtischen Kleinbürgertums.“
Ich verstehe Dimitroff auf heute bezogen so: Wir dürfen nicht verkennen, dass kleinbürgerliche, häufig auch religiös motivierte Menschen eine wichtige Kraft gegen Rassismus in unserem Land darstellen, örtlich vielleicht sogar die wichtigste. Eine Mitarbeit von Kommunisten in diesen Bündnissen kann sinnvoll sein, wenn in diesen die Freiheit besteht auch kommunistische Positionen einzubringen, vor allem zur Frage, welche Zusammenhänge zwischen Rassismus und Imperialismus bestehen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich z. T. um dieselben Menschen handelt, die vor nicht allzu langer Zeit, den Krieg gegen Jugoslawien befürwortete haben (so meine persönliche Erfahrung).
Wenn es vor Ort aber antifaschistische Bündnisse gibt, die mehr in der Arbeiterbewegung verwurzelt sind, muss unser Hauptaugenmerk auf diese gerichtet sein. Dort stoßen unsere Argumente über Zusammenhang von Faschismus und Imperialismus, von CSU und AFD, auf offenere Ohren. Und solche Bündnisse wirken wieder zurück auf antirassistische, eher kleinbürgerliche Initiativen.
Unsere Aufgabe besteht m. E. nicht nur darin, möglichst breite Bündnisse gegen die Nazis zu schmieden. Aufklärung darüber, wem Rassismus in dieser Gesellschaft dient, ist mindestens so wichtig. Wenn in einem Bündnis Fragen zu CDU, CSU, aber auch Sarrazin ausgeklammert werden müssen, halte ich eine Mitarbeit von Kommunisten für fragwürdig. Bündnisfragen lassen sich letztlich aber nur konkret beantworten.
Zum Beispiel in Augsburg: die AfD hatte im Rathaus den besten Saal für eine Parteiveranstaltung angemietet. Erst auf öffentlichen Druck sah sich der CSU-Oberbürgermeister gezwungen, die Zusage zurückzuziehen. Juristisch war aber nichts mehr zu machen. Parallel zur AfD-Veranstaltung wurde eine Gegenkundgebung abgehalten. Dort war der Hauptredner eben jener CSU-Oberbürgermeister, der seine Rede v. a. dazu nutzte die eigene Stadtregierung zu loben. Darf man so jemanden auspfeifen? Die Jungen, parteilos, Jusos, SDAJ, ver.di, haben es gemacht. Ich denke, das war in dieser Situation richtig, u. a. deswegen, da diese Jugendlichen dann später gemeinsam nach Stuttgart zu einer Kundgebung gegen den AfD-Parteitag gefahren sind (wo sie dann alle eingesperrt wurden). Breiteste Bündnisse gegen Nazis zu schließen bedeutet nicht, jedes Bündnis zu unterstützen.