Bei den Verhandlungen in Minsk über den Konflikt im Donbass wurde in der letzten Woche eine weitere Waffenruhe ausgerufen, die ab dem 25. August gelten sollte. Sie trägt die Bezeichnung „Schul-Waffenstillstand“, da am 1. September das Schuljahr beginnt.
Die bisherigen Ankündigungen einer Waffenruhe führten zumindest für wenige Tage zu einem Rückgang der ukrainischen Angriffe auf die Volksrepubliken des Donbass. Dieses Mal ist das nicht der Fall. Die Angriffe sind kaum zurückgegangen, in der Donezker Volksrepublik (DVR) gab es bereits wieder Verletzte und Schäden an Wohngebäuden.
Der „Schul-Waffenstillstand“ wird sich also kaum anders entwickeln als der seit dem 24. Juni geltende „Brot-Waffenstillstand“, der die Erntearbeiten ermöglichen soll. Das Kommando der Streitkräfte der DVR listete vor wenigen Tagen die „trockene Statistik“ des „Brot-Waffenstillstands“ auf: Die DVR wurde von Seiten der ukrainischen Streitkräfte mit 20 Raketen, 900 Artilleriegeschossen und mehr als 8 000 Mörsergeschossen angegriffen. Es starben fünf Zivilisten und 26 Soldaten der DVR, 21 Zivilisten und 20 Soldaten wurden verletzt. 161 Häuser wurden zerstört oder beschädigt. Die Zahlen beziehen sich auf einen Zeitraum von etwa zwei Monaten.
In den letzten Wochen setzten ukrainische Streitkräften Brandgeschosse ein, um die Schäden an Gebäuden gezielt zu vergrößern, anschließend wurden in mehreren Fällen direkt die Feuerwehrbrigaden beschossen. In der letzten Woche führte dies zum Tod eines Feuerwehrmannes in Donezk. Die OSZE-Beobachtermission hat über diesen Vorfall, wie über viele andere Angriffe auf die Volksrepubliken, nicht berichtet. Auch ukrainische Angriffe auf von ihnen selbst besetztes Gebiet sind mehrfach vorgekommen, um dies dann als „Beweis“ für die Aggression der DVR darzustellen. Alle Schritte, die eine politische Regelung des Konflikts ermöglichen würden, werden von der Ukraine nach wie vor boykottiert.
Im Oktober dieses Jahres läuft das ukrainische Gesetz zum „besonderen Status des Donbass“ aus. Zwar ist dieses Gesetz von der Ukraine durch einen entsprechenden Passus blockiert und, anders als von den Minsker Vereinbarungen vorgesehen, weder mit den Volksrepubliken abgestimmt noch auf eine dauerhafte Grundlage gestellt worden, dennoch ist anzunehmen, dass die ukrainische Regierung diesen Zeitpunkt abwartet, um die Lage dann politisch und möglicherweise militärisch weiter zu eskalieren.
Beim Treffen Poroschenkos mit dem US-Verteidigungsminister James Mattis übergab dieser „Verteidigungswaffen“ an die Ukraine und stellte weitere militärische Unterstützung in Aussicht.
Die ukrainische Regierung ist auf den Krieg u. a. deshalb angewiesen, um von den massiven ökonomischen und sozialen Problem im Land abzulenken. Im Jahr 2018 stehen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen an. Konkurrenz droht zwar nur von rechts, der Oligarch Poroschenko und die mit ihm verbundenen Kräfte werden jedoch alles tun, um an der Regierung und damit an ihren Einnahmequellen zu bleiben. Einem möglichen Konkurrenten, dem ehemaligen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili – der in seinem Herkunftsland u. a. wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder und Gefangenenmisshandlung unter Anklage steht –, hat Poroschenko jedenfalls vorsorglich die ukrainische Staatsangehörigkeit entziehen lassen. Eine Opposition gegen den Krieg und den Ausverkauf des Landes ist im Parlament nicht mehr vorhanden, seit 2014 die Fraktion der Kommunistischen Partei der Ukraine ausgeschlossen und die Partei bei den anschließenden Wahlen massiv behindert wurde.
Die deutsche Bundesregierung, neben der Russischen Föderation und Frankreich einer der „Garanten“ der Minsker Vereinbarungen, weicht von ihrer Unterstützung der ukrainischen Regierung nicht ab. Welche Formen dies annimmt, zeigt die Grußbotschaft von Bundesaußenminister Gabriel zum Unabhängigkeitstag der Ukraine, die mit einem Leitspruch der ukrainischen Nationalisten und Faschisten endete: „Slawa Ukraini“ (Ruhm der Ukraine).