Mit viel Lärm hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine „deutliche Erhöhung“ des Mindestlohns zu Beginn des nächsten Jahres in Aussicht gestellt, von denen 22 Prozent aller Beschäftigten in der Bundesrepublik betroffen wären. Heil begründete das mit der hohen Inflationsrate und angeblichen „ordentlichen Tariferhöhungen“. Spekuliert wird in den Medien über eine Anhebung auf 14 Prozent.
Die Mindestlohnkommission entscheidet über ihre Empfehlung bis zum 30. Juni 2023 mit Wirkung zum 1. Januar 2024. Danach, so heißt es im Gesetz, hat die Mindestlohnkommission alle zwei Jahre über Anpassungen der Höhe des Mindestlohns zu beschließen.
Auch nach der letzten Erhöhung im Oktober 2022 auf 12 Euro pro Stunde bietet der Mindestlohn keine Sicherheit gegen Armut, selbst bei einer 40-Stunden-Woche langt er gerade zu einem Bruttoverdienst von gut 2.100 Euro im Monat. Zu Recht stellt der DGB fest, dass die Inflation die letzte Mindestlohnerhöhung weitgehend aufgefressen hat und einen kräftigen Ausgleich dafür fordert.
Doch selbst einem notwendigen Inflationsausgleich steht die Berechnungsgrundlage für den Mindestlohn im Wege. Die Mindestlohnkommission stützt sich auf den Tarifindex des Statistischen Bundesamtes. Im Beschluss der Mindestlohnkommission vom 26. Juni 2018 hieß es: „Konkret werden – entsprechend der Definition des gesetzlichen Mindestlohns als Stundenlohn – die tariflichen Stundenverdienste ohne Sonderzahlung als Basis herangezogen.“ Und nach diesem Tarifindex stiegen die Stundenlöhne sowohl 2021 wie auch 2022 jeweils um gerade 1,4 Prozent. Der Abschluss beispielsweise der IG Metall im vergangenen Jahr ohne eine tabellenwirksame Lohnerhöhung, verbunden mit Einmalzahlungen, die keinen Einfluss auf Renten, Arbeitslosengeld und eben den Mindestlohn haben, hat so weitreichende Auswirkungen auf einen großen Teil der Arbeiterklasse.
Auch ohne dass ein armutsfester Mindestlohn – der müsste schon deutlich über 15 Euro pro Stunde liegen – als Vorschlag vorliegt, läuft die CDU schon mal Sturm. Eine politische Lohnfindung sei falsch, äußerte sich Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion. Sind Löhne, die die Existenz nicht sichern, etwa kein politisches Thema?