Die soziale Lage im Ruhrgebiet verschärft sich zunehmend. Entgegen den offiziellen Statistiken ist auch die Erwerbslosigkeit in ganz Nordrhein-Westfalen auf hohem Niveau. Während die offizielle Arbeitslosigkeit im Juli dieses Jahres in NRW von den Behörden mit 760 474 Personen benannt wird, finden sich diverse Erwerblose nicht in den Statistiken.
So wurden insgesamt 44 787 über 58-jährige Bezieher von Arbeitslosengeld II ebenso aus den Statistiken entfernt, wie 20 456 Personen, die sich derzeit in sogenannten „1 Euro-Jobs“ befinden. Auch 1 708 Menschen in geförderten Arbeitsverhältnissen, 32 809 Personen in der beruflichen Weiterbildung, 21 078 Menschen in Fremdförderung, 1 682 sogenannte schwer vermittelbare, sowie 16 594 erkrankte Erwerbslose fehlen in der Statistik. Gleiches gilt für 38 600 Menschen, die sich aktuell in Maßnahmen der beruflichen Eingliederung befinden.
„Auch der aktuelle Arbeitsmarktbericht zeigt erneut mehr als deutlich, dass von Entwarnung am Arbeitsmarkt keine Rede sein kann, vielmehr sind die Arbeitslosenzahlen bei den eigentlichen Problemgruppen auf einem unverändert hohen Niveau“, kommentiert der Sprecher für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der NRW-Linkspartei, Jürgen Aust, die hohe Zahl an Erwerbslosen im bevölkerungsreichsten Bundesland. „Bei der Präsentation des Arbeitsmarktberichtes fällt der Chefin der Regionaldirektion NRW, Christiane Schönefeld, dazu nicht mehr ein, als diese Zahlen schönzureden, wenn sie die strukturellen Probleme darauf reduziert, dass sich die Arbeitslosigkeit bei den Jüngeren in den nächsten Monaten wieder abbauen würde und sie insbesondere in der Zuwanderung von Flüchtlingen eine Chance für den NRW-Arbeitsmarkt sieht“, monierte Aust weiter. Diese mehr als zweifelhaften Zukunftsprognosen seien in der Regel nichts als Lippenbekenntnisse, da der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit nur zu einem geringen Teil auf Schulabgängern beruhe und andererseits Flüchtlinge ganz überwiegend vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen blieben. Über die unverändert hohe Langzeitarbeitslosigkeit und den erneut dramatischen Anstieg im Hartz IV-Bereich verliere sie demgegenüber kein Wort. „Diese politische Ignoranz ist Ausdruck dafür, dass die neoliberale Arbeitsmarktpolitik diese Menschen trotz gegenteiliger Beteuerungen längst abgeschrieben hat, weil sie in ihrem Politikverständnis nicht mehr ‚marktfähig‘ sind“, so der Linkspartei-Politiker weiter.
Jedoch ist es nicht nur die Erwerbslosigkeit, die die nordrhein-westfälischen Kommunen vor große Herausforderungen stellt. Auch die anhaltend hohe Zahl von Flüchtlingen sorgt vielerorts, so etwa in Dortmund oder auch Duisburg, für Schwierigkeiten. Rund 2 500 Flüchtlinge sind aktuell etwa in Duisburg untergebracht. 75 davon leben in der Turnhalle einer Grundschule. Dies, obwohl in der der Ruhrgebietsmetropole derzeit rund 40 000 Wohnungen leer stehen. Eine dezentrale Unterbringung der Betroffenen wäre also durchaus möglich, die etablierte Politik setzt aber nach wie vor auf Abschreckung und bemüht sich, Flüchtlingen das Leben so schwer wie möglich zu machen.
„Duisburg ist unter dem sozialdemokratischen Oberbürgermeister Sören Link in ganz NRW zu der Skandalkommune schlechthin geworden. Hier gehen Profite vor Menschen, langjährige Mieter sollen für Mammutprojekte wie ein ‚Factory Outlet Center‘ vertrieben werden, Roma-Familien werden Ziel von Hetze aus dem Rathaus – und die extreme Rechte versucht aus all dem Kapital zu schlagen“, beschreibt auch Sylvia Brennemann vom „Duisburger Netzwerk gegen Rechts“ die in der Ruhrgebietsstadt vorherrschenden Probleme. „Vor allem Menschen, die hierher geflohen sind, müssen ordentlich versorgt und geimpft werden.“ Nach wie vor fehle es jedoch an einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung für die Betroffenen, moniert Brennemann weiter, die sich außerdem ehrenamtlich bei einer kostenlosen Gesundheitssprechstunde für Menschen ohne Krankenversicherung engagiert (UZ berichtete).
Am 25. August wird unterdessen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Duisburg besuchen. Außer warmen Worten dürfte sie bei ihrer PR-Visite jedoch keine konkreten Hilfsangebote im Gepäck haben.