„Make Greenland Great Again“: Diesen Namen hat der US-Abgeordnete Andy Ogles dem Gesetzentwurf verpasst, den er am 13. Januar ins US-Repräsentantenhaus einbrachte. Das Ziel? Die US-Regierung unter dem seit Montag zum zweiten Mal amtierenden Präsidenten Donald Trump soll offiziell ermächtigt werden, Verhandlungen über den Erwerb von Grönland aufzunehmen. Bis zum Wochenende hatten zwölf weitere Abgeordnete der Republikaner in aller Form erklärt, das Vorhaben zu unterstützen; zudem wurde von ersten, namentlich nicht genannten Demokraten berichtet, die geneigt waren, sich Ogles‘ Initiative anzuschließen. Legt die neue Regierung in Washington es wirklich darauf an, einem souveränen, ja zudem einem mit den USA verbündeten Staat einen Teil seines Territoriums unter Androhung von Gewalt abzunötigen? Oder hatte Ex-Außenminister Sigmar Gabriel recht, als er zu Trumps Amtsantritt in einem Namensartikel für „Bild“ urteilte, der künftige US-Präsident posaune nur „politische Provokationen heraus …, um danach ernst gemeinte Forderungen besser durchzusetzen“?
Nun, man wird sehen. Klar ist jedenfalls: Die USA haben durchaus Interesse daran, ihren Zugriff auf Grönland auf die eine oder andere Weise zu stärken. Dazu tragen die reichen Vorräte an Uran und besonders an Seltenen Erden bei, die auf der Insel lagern. In den vergangenen Jahren hatte vor allem China versucht, Infrastrukturprojekte in Grönland zu starten und in die Förderung der Rohstoffe einzusteigen. Dänemark und die USA haben das konsequent sabotiert. Sich zumindest die Seltenen Erden unter den Nagel zu reißen, das wäre für Washington eine Option, wenigstens ein Stück weit die heutige Weltmarktdominanz der Volksrepublik bei den strategisch wichtigen Ressourcen zu brechen. Und so wundert es nicht, dass schon im vergangenen Jahr Critical Metals aus New York die Übernahme von Tanbreez startete, dem Unternehmen, das Grönlands größte Lagerstätte für Seltene Erden ausbeuten will. Nebenbei: Drittgrößter Investor bei Critical Metals ist die Investmentfirma Cantor Fitzgerald, die von Howard Lutnick geführt wird, dem designierten Handelsminister unter Donald Trump.
Wohl noch größer als der ökonomische Nutzen ist Grönlands geostrategische Bedeutung. Bereits im Kalten Krieg hatten sich die USA weitgehend ungehinderten Zugang zu der Insel und Militärstützpunkte auf ihr gesichert. Als besonders wichtig galt die Thule Air Base, auf der Washington ein Frühwarnsystem installierte; den Stützpunkt, der heute Pituffik Space Base heißt, nutzen die US-Streitkräfte weiterhin. Dabei nimmt mit dem Klimawandel und dem Abschmelzen des Polareises die Bedeutung der Arktis für den Handel, die Ausbeutung der Bodenschätze und auch die Pläne von Militärstrategen immer weiter zu; entsprechend attraktiv wird es, Arktisanrainer zu sein. Die USA sind dies bereits: dank Alaska. Allerdings wäre Grönland eine willkommene Erweiterung, zumal es für die Kontrolle der GIUK gap sehr nützlich wäre – des Seegebiets zwischen Grönland (G), Island (I) und dem Vereinigten Königreich (UK), das Schiffe und U-Boote der russischen Nordflotte durchqueren müssen, sollen sie in den Nordatlantik gelangen. Dass auch China längst eigene Aktivitäten in der Arktis entfaltet, spornt Washington nur noch weiter an im Bestreben, seine Militärpräsenz in der Region auszubauen.
Und was sagt die Bevölkerung zu alledem? Nun, zunächst spricht sie sich laut Umfragen dafür aus, von Dänemark, das in Grönland bis 1953 offiziell Kolonialmacht war, unabhängig zu werden. Dazu wären lediglich eine Mehrheit in einem Referendum sowie ein Ja des dänischen Parlaments erforderlich. Bisher stand dem aber entgegen, dass Grönland finanziell von Dänemark abhängig ist. Was nun aber, wenn man die neuen US-Begehrlichkeiten als Hebel nutzen kann? Nicht dass die Option, Teil der USA zu werden, in Grönland begeisterte Zustimmung ausgelöst hätte. Washingtons Politik unterordnen will sich die Bevölkerung ohnehin nicht: In einer Umfrage im vergangenen Jahr fanden zwar weniger als die Hälfte der Einwohner – präzise: 42,4 Prozent –, dass man Chinas wachsenden internationalen Einfluss begrüßen solle. 79,5 Prozent aber lehnten es ab, der US-Chinapolitik zu folgen und gegen die Volksrepublik Front zu machen. Mit den USA auf Augenhöhe eng kooperieren, um sich die Unabhängigkeit von Dänemark leisten zu können – das wäre womöglich eine populäre Option. Die Frage ist bloß, ob sie möglich ist, ohne aus der einen in eine neue Abhängigkeit zu rutschen – nämlich in die Abhängigkeit von den USA.